In der Zeit vor SBB Historic sahen die Führerstandsfahrten im Krokodil noch etwas anders aus :-)
Ich wohne hinter den 12 bzw. 10 Geleisen des Oltner Bahnhofs, am Waldrand gleich neben dem hellbraunen Stellwerk. Ich bin dort aufgewachsen und die Bahn war daher bei mir immer ein Highlight - früher auch ein paar Modelle. In meiner Sekundarschulzeit in den 1970ern erzählten uns die paar Kameraden, die in den Wohnhäuser rund ums Sunlight Gleisdreieck bzw. das grosse Gleisfeld in Olten wohnten, dass sie ab und zu ins Lok Depot zu Besuch gingen und mit etwas betteln auch mal eine Lokomotive verstellen durften.
Als 14 jähriger beschloss ich mit zwei Schulkollegen an einem schulfreien Nachmittag ebenfalls im Depot Olten vorbeizuschauen und etwas zu betteln bis wir eine Loki "umparkieren" dürfen. Tatsächlich fanden wir schnell einen Lokführer der uns diesen Wunsch erfüllen konnte und wollte. Ob er das auch durfte, war damals viel weniger ein Thema als heute. Nun neben der Lokhalle stand da tatsächlich ein Krokodil, das dort zur Reparatur abgestellt war. Unser Lokführer schlug spontan vor - wie wärs wenn wir das Krokodil dort nach vorne stellen und wieder zurück. Wir waren vor dieser Idee total begeistert.
Ich erinnere mich noch, das dunkelgrüne Ding war tatächlich defekt, ein Schild an der Tür wies darauf hin - einer der Fahrmotoren war ausgefallen. Der Lokführer trennte diesen vom Strom ab bzw. schaute nach, ob er getrennt war (so genau weiss ich es nicht mehr) und dann ging es in den Führerstand - nach ein paar Erklärungen der Hebel hiess es dann schnell mal - hier ist der Fahrschalter wer von Euch traut sich, es auf den untersten zwei Fahrstufen einmal selber zu versuchen... Also Rangierbremse lösen, Fahrstufe 1 und im Schrittempo 50m nach vorne fahren. Ich war so aufgeregt, dass ich beim Anhalten vergessen habe den Fahrschalter zurückzustellen und die Rangierbremse anzog bis der Hauptschalter meinem Treiben ein abrupted Ende setzte und das Krokodil zum Stillstand kam.
Nun bei diesem Besuch hat sich gezeigt, dass wir Gymnasiasten trotz grösster Begeisterung vielleicht doch nicht die besten Talente für den Maschinistenberuf waren. Aus allen drei von uns sind Ingenieure geworden, bei mir der Bau von Supercomputern, bei den andern die Staumauern oder auch die Werkzeugmaschinen. Den eigentlichen Lokführerberuf haben wir den Jugendkameraden aus dem Dutzend Bähnlerhäusern rund ums Gleisfeld Olten überlassen. Die betreffenden Häuser wichen in den letzten Jahren fortlaufend den Ausbauten der Bahnlagen und die Vollblutmaschinisten auf den Lokomotiven sind den gelernten Coiffeusen mit EU Lokführerschein gewichen - wie man das aus den Dok Filmen von und mit Pedro Lenz erfährt.
TomStr
aus Olten
PS: Krokodile sind dank SBB Historic hier immer noch öfters zu sehen. Eine Sichtung in den letzten Monaten aus dem Fenster meines Arbeitszimmers im dem eine RailCam mitschaut. http://pittsburgh.ethz.ch/cam/mve22.mp4 bzw. .../cam (live). Und extra credit wer den vorläufig noch seltenen Vogel indentifiziert, der sich im kurzen VideoLog auf Gleis 8 vorbeischleicht.
