Toleranzen, was ist das?

  • Hier ist nicht das Thema im Umgang mit Mitmenschen angesprochen, sondern nur im Bezug zur Fertigung von Produkten. Hier logischerweise zum Thema Modelleisenbahnen.


    Toleranzen können schon fast zu einer Wissenschaft gemacht werden. Manche machen sogar eine daraus und toben sich dann z.B. entsprechend in Normenausschüssen aus.


    Als einfaches Beispiel ich erhalte eine Zeichnung, gemäss dieser soll eine Welle mit Durchmesser 6 in eine Bohrung mit Durchmesser 6 passen. Ist doch einfach, wird sich manch einer sagen, 6 auf 6 passt perfekt. Der Fachmann sagt, passt die Welle in Bohrung, tja, da hat man einfach Glück gehabt oder der Mechaniker hat anhand der Zeichnung verstanden um was es geht und von sich aus dafür gesorgt, dass es wie gedacht passt. Und selbst wenn Welle und Bohrung auf 6.000 genau gefertigt sind, ohne Gewalt passen die beiden Teile nie. Wer es nicht glaubt, dem demonstriere ich das sehr gerne.


    Warum die ganzen Ausführungen? Es gibt Leute die es plötzlich als angebracht ansehen Fehler im Bereich von Haaresbreiten und kleiner zu suchen. Eine Haaresbreite bewegt sich zwischen 0.04 bis 0.06. Gibt es eine Bezugskante, so sieht das Geübte Auge Fehler die weniger als die berühmte Haaresbreite gross sind.


    Die Krux beginnt gleich beim Lokhehäuse. Bei HAG ist bekanntlich ein Zinkdruckguss das Mass der Dinge. Leider sind gerade solche Gehäuse nicht so sehr genau. Dazu kommt noch Verzug. Mit einer guten Aufspannlehre lässt sich einiges an Toleranzen abfangen aber bei weitem nicht alles. So kommt es, dass manchmal drucktechnisch ein Wappen oder ein Schriftzug ganz leicht schief ist.


    Die Fortsetzung folgt morgen.

    Gruss Erwin



    Wer rast, der verpasst das Leben.


    Kein Platz für weitere Sammelstücke ist nur eine faule Ausrede. ;) Es gibt für alles eine Lösung.

  • Folgende Problemstellung hat der Hersteller von Modellen: er hat ein Gehäuse das sich von Stück zu Stück unterscheidet, wenig aber sie sind unterschiedlich, Stichwort Fertigungstoleranz. Mit heutigen Maschinen können Bohrungen und Fräsungen ohne grössere Probleme in Bezug zu einander auf 0,01 bis 0,02 genau gefertigt werden. Diese Genauigkeit in Bezug zu einem Referenzpunkt innerhalb eines Gehäuses einzuhalten ist dann schon eine ganz andere Herausforderung.


    Dazu braucht es Spannvorrichtungen die einen solchen Fixpunkt für alle folgenden Bearbeitungsschritte aufnehmen, also für die mechanische Bearbeitung und die Bedruckung.


    Es entstehen also unterschiedliche Masse durch das Giessen, die mechanische Bearbeitung und der Farbauftrag verändert ebenfalls die Massgenauigkeit. Wie wir in der Zwischenzeit gelernt haben, Null auf Null geht nicht, eine Aufspannlehre braucht immer Spiel, ansonsten zerstöre ich beim abnehmen des Gehäuses von der Lehre meist gleich beides.


    Also, die Voraussetzung heisst Spiel zwischen Gehäuse und Lehre damit ich das Gehäuse gut auf die Lehre und auch wieder davon weg bekomme. Dieses notwendige Spiel beträgt schnell einmal 0.05 und mehr, also die Haaresbreite und mehr. Dem kann ich soweit entgegen wirken in dem ich das Gehäuse immer gegen den gleichen Referenzpunkt ziehe den ich schon für die vorherigen Arbeitsschritte heran gezogen habe.


    Wenn ich all das einhalte, erreiche ich sicher eine gute Genauigkeit aber auf keinen Fall Perfektion, dafür müsste ich eigens jedes Gehäuse separat ausrichten, machbar aber nicht mehr bezahlbar.


    Als weiteres Problem kommen noch Temperaturschwankungen hinzu. Im Sommer bei 30 Grad ist das Gehäuse messbar länger als im Winter bei 20 Grad. Da die Temperaturen im Sommer vom Morgen zum Abend gut und gern 10 Grad differieren können, muss in dieser Zeit immer wieder nachjustiert werden um einen Druck am gleichen Ort zu halten.


    Wie der geneigte Leser jetzt unschwer feststellen kann, es stellt schon einige Ansprüche um ein Modell sauber und genau zu bedrucken. Speziell dort wo mehrere Druckvorgänge an der gleichen Stelle statt finden.


    Wer der Meinung ist, Positionsgenauigkeiten von Drucken müssen im hundertstel Bereich liegen, ansonsten ist das Modell misslungen, die haben sich mit dem Thema Toleranzen noch nie auseinander gesetzt und sicher noch nie im Leben solche Ansprüche selber umgesetzt.

    Gruss Erwin



    Wer rast, der verpasst das Leben.


    Kein Platz für weitere Sammelstücke ist nur eine faule Ausrede. ;) Es gibt für alles eine Lösung.

  • Sali!


    Mit welchen Toleranzen muss man rechnen,wenn ein Gehäuse einmal eingespannt und dann mehrfach bedruckt wird?


    Die Toleranzen beim Einspannung der Druckform und die Toleranz bei der Bewegung des Tampons addieren sich dann. Das Gehäuse sollte sich in der Spannvorrichtung nicht bewegen. Aber ich befürchte, auch hier kann es noch zu Bewegungen kommen.


    Moderne Loks haben oft mehrfarbige Warnzeichen (z. B. runde weisse Flächen mit rotem Rand oder gelbe Dreiecke mit schwarzem Rand), bei denen man die Toleranzen in H0 sehen kann. Sieht man mit blossem Auge, aber muss man wohl hinnehmen.


    Mit modernen Digitalkameras entdeckt man Fehler, die man mit der Lupe nicht findet.

    Viele Grüsse
    Thomas

  • Erwin, deine Worte kann ich vollumfänglich unterstützen!


    Gut und verständlich erklärt. Jetzt kommt eigentlich der gesunde Menschenverstand zum Zug.

    Beste Grüsse - Bruno der Bahnnutzer
    Der MUTZ (Moderner, Universeller TriebZug). Ausserhalb des Bärenparks als SCB-Bär unterwegs

  • Thomas, die Frage nach den Toleranzen beim einspannen kann ich dir nicht beantworten, da ich mit diesen Vorrichtungen nicht arbeite. Hingegen ist mir beim zuschauen schon aufgefallen, dass der Bedrucker das Gehäuse von Hand in der Anschlagsposition halten muss. So hat die sorgfältige Arbeitsweise und die ruhige Hand der Mitarbeiter sicher auch einen massgeblichen Einfluss auf das Ergebnis.

    Gruss Erwin



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