AMS - die Abkürzung steht für 'Auto Motor und Sport'. An eine gleichnamige Motorsportzeitschrift können sich wohl manche erinnern aber davon soll hier nicht die Rede sein, sondern von der elektrisch betriebenen Autorennbahn von Faller. Über diese Bahn wurden von Fans schon mehrere Bücher geschrieben, zahlreiche Legenden ranken sich um die kleinen Autos und den attraktiven Startpackungen, die je nach Grösse des Geldbeutels mal grösser, mal kleiner ausfiel. Ich bin an dieser Stelle aufgrund der Komplexität dieses Themas weder fähig, noch willens um eine lückenlose Dokumentation der nicht einmal zwei Jahrzehnte andauernde Geschichte der Fallerbahn niederzuschreiben. Anfang, Höhepunkt und Niedergang dieser reizenden Geschäftsidee mit den betriebsfähigen Autos, passend zur Modellbahn umfassen eine Zeit von etwa 17 Jahren. Doch der Reihe nach:
Das Motiv auf dem Faller-Jahreskatalog von 1963 ist ein Bahnübergang, auf dem sich Modellautobahn und Modelleisenbahn kreuzen. Damit stellt Faller die funktionstüchtige Verbindung von Strasse und Schiene im Modell dar. Dabei will die Firma die AMS-Bahn offenbar primär als Zubehör zur Modellbahn sehen und nur in zweiter Linie als eigenständiges Produkt. Erst später werden Zubehör und Fahrzeuge auch im Hinblick auf einen Rennbetrieb erweitert, das - ohne Bezug zur Modellbahn - für sich alleine stehen kan. Tatsache ist, dass unter den ersten 6 Fahrzeugtypen, die Faller im ersten Jahr herausgibt, vornehmlich 'Familienkutschen' fungieren. Zwar sind unter den ersten 6 Autos auch Porsche 356 und Mercedes 190 SL darunter, bei den restlichen 4 Modellen blieb man aber mit VW-Käfer, Ford Taunus, Mercedes 220 und Opel Kapitän aber auf der zahmen Seite. So wurden im ersten Jahr neben einzelnen Fahrzeugen drei Startpackungen angeboten. Dabei wurde nur eine, die 'Sportwagenpackung 4004, in erster Linie zum Rennbetrieb angeboten. Fehlende Steilwandkurven oder Regler im Armaturenbrettdesign mit Steuerrad zeigen aber auf, dass dem normale Strassenverkehr ideenmässig den Vorzug gegeben wurde. Denn in diesem Bereich war das Angebot schon im ersten Jahr erstaunlich: Strassenkreuzungen, Abzweigungen, eine Engstelle mit Baustelle, Bahnübergänge, einspurige Fahrbahnen - alles Hinweise darauf, dass die AMS-Bahn primär als Strassenverkehrs-Zubehör zur Modellbahn gedacht war. Bei den Gebäuden hingegen wurden schon beide Bereiche beackert: Einerseits das kultige 'Sporthotel' deren Bodenplatte genau in einen Innenradius der Strassenschienen passte (und dessen Gebäudekubus nichts anderes war als ein andersfarbiges Derivat des Bahnhof 'Lindenthal'), Bushaltestelle, ADAC (TCS)-Raststätte, eine hippe Tankstelle mit Cafe im damals modernen Stil waren für den Strassenverkehr gedacht, anderseits wurden schon Renntribünen und andere damals entlang dem Nürburgring stehende Wahrzeichen ins Angebot aufgenommen. So auch die Shell-Säule und ein Rundenzähler, deren Vorbild an der genannten Rennstrecke zu sehen war.
Um beiden Bereichen gerecht zu werden, stelle ich den Forumisten die ersten 6 'zivilen' Automodelle in der entsprechenden Rennstreckenumgebung vor. Hier also einmal ein paar Bilder:
Auf diesen vier Bildern sehen wir also die ersten sechs Modelle. Jeder Fahrzeugtyp wurde in verschiedenen Farben gegossen. Allerdings unterschieden sich diese Farben. Mit anderen Worten: nicht jedes Fahrzeug war in jeder Farbe vertreten. Den Ford Taunus gabs zum Beispiel in hellgelb, rosa, hellblau und beige, den Mercedes 190 SL hingegen in den drei Farben Feuerrot, weiss und hellblau, den Opel Kapitän in Dunkelblau, hellgrün mit dunkelgrünem Dach, sowie in dunkelrot und gelb mit orangem Dach.... und so weiter. Dieser Umstand, und auch jener, dass bei Faller das Mischen von farbigem Kunststoff immer etwas Zufall war, macht es heutigen Sammlern praktisch unmöglich, eine Sammlung aller je hergestellten Fahrzeugen in allen damals produzierten Farben zusammenzustellen. So sind einige Farben bei gewissen Modellen extrem selten. So selten, dass sogar Fälschungen in Umlauf kamen, von denen nur die Fälscher selber wussten, ob sie echt sind oder nicht. So entstanden im Verlauf der Jahre Legenden. Zum Beispiel zum 'Schwarzen Kapitän'. Lange glaubte man, dass der Kapitän in Schwarz ein äusserst seltenes Faller-Modell der ersten Jahre darstellt. Bis man im Internetzeitalter langsam darauf kam, dass Faller gar nie einen schwarzen Kapitän gefertigt hatte und dass etwelche existierende Exemplare sich schlicht als Fälschungen entpuppten. Inzwischen werden Nachgüsse aller Modelle in allen Regenbogenfarben angeboten. Und man muss schon ein Fachmann sein, um zu wissen, was es original gab, und was nicht. Solange die bunten Nachbauten als solche deklariert werden und auch entsprechend niedrige Preise verlangt werden, ist das natürlich okay.
Aber ich gleite bereits in Details ab. Dabei wollte ich euch je eine Farbvariante von je einem der ersten 6 Modelle zeigen.
Übrigens: Kenner der Materie werden sich bei den Bildern bereits wundern und hektisch in den alten Faller-Katalogen zu blättern beginnen. Und zwar nicht wegen der Autos. Diese sind in den gezeigten Eigenschaften bekannt. Aber wegen der beiden Tribünenbausätzen: Während es sich bei der BP-Tribüne um den bekannten Bausatz Nr. B-4907 handelt, dürften Falleristen verwundert die Esso-Tribüne betrachten und sich die Augen reiben. Es sei ihnen gesagt: Dieses Stück findet sich nirgends in einem Katalog, da ich diese Konstruktion eigenmächtig verbrochen habe. Die Esso-Tribüne wurde im AMS-Stil (inlusive der Standardmasse der Bodenplatte) gänzlich selbst entwickelt und in einer Kleinstauflage von zwei Stück gebaut. Da unter anderem Faller-Teile verwendet wurden, wirkt auch diese Tribüne höchst authentisch.... einer meiner gelungenen Tricks
Doch zurück zu den Fahrzeugen: Im Laufe der Jahre wurden die meisten Modelle weiterentwickelt. Manchmal wählte Faller den Weg, dass sie gleich ein neueres Vorbild wählten, zum Beispiel wurde der (hier rote) Mercedes 190 SL in den Folgejahren durch den moderneren Mercedes 230 SL (bekannt als Pagode) abgelöst. Beim VW-Käfer (unter anderern) wurde hingegen das Faller-Modell immer wieder überarbeitet. Sehen wir uns doch mal an, was damit gemeint ist:
Hier sehen wir scheinbar vier mal dasselbe Fallerauto - abgesehen davon, dass der Käfer ganz rechts etwas heller ist. Das ist jedoch nicht das Entscheidende dieses Bilds. Vielmehr sind hier die vom Sammler unterschiedenen VW-Typen abgebildet. Während ganz links die erste Version, also Typ I, abgebildet wurde, wie Faller seinen ersten Käfer herausbrachte, werden sie gegen rechts immer neuer. Unterscheidbar sind die vier Typen an folgenden kleinen Merkmalen:
links Typ I: mit silberner Farbe bemalte Frontlichter, angegossene Stossstangen (sehr bruchgefährdet und daher in tadellosem Zustand gesucht und teuer - vor allem in vorliegender roter Farbe), Hup-Gitter, zentrale Scheibenwaschdüse auf der Haube, kleines VW-Emblem auf der Haube, kein Schiebedach, schmale Blinker
rechts Typ II: wie Typ I, jedoch mit angesetzten Chrom-Stossstangen, eingesetzten Kunststoff-Scheinwerfern
links Typ II im Vergleich mit Typ III (rechts)
Typ III: grosses (lesbares) VW-Emblem auf der Haube, keine Hupgitter mehr, angedeutete Scheibenwischer, Schiebedach, breitere Blinker auf Kotflügel, andere Nummernschildbeleuchtung hinten, Scheinwerfergläser einzeln aufgesetzt
und schliesslich der Vergleich mit dem Typ III (links) mit Typ IV (rechts): gleich wie Typ III, jedoch keine separat eingesetzte Scheinwerfer mehr.
Jetzt muss man noch wissen, dass es zwar vom Käfer, Typ I nur vier verschiedene Farbtöne gab, aber die Farben bei jedem Typ wieder verschieden waren, bis hin zu den aufgedampften Metallic-Farben bei Typ III und IV, sowie einer Auswahl von Aufdrucken.....
Mit diesem Beispiel wollte ich euch das Ausmass des Sammelgebietes zeigen... wenn man jetzt noch weiss, dass Faller im Laufe der Jahre noch Dutzende weitere Fahrzeuge herausgab, die ebenfalls alle Wandlungen durchgemacht haben, bis hin zu den Farbvarianten, die durch wahllose Kombination von Karrosserie- und Dachfarben entstehen konnten, wird vielleicht einigen von euch nun bewusst, dass es gar nicht möglich ist, ALLE denkbaren Farb-und Modellkombinationen zu besitzen.
Abschliessend noch ein Bild mit allen vier farblichen Varianten des Käfers Typ I. Schon diese kosteten mich ein kleines Vermögen (vor allem der seltene rote war verflixt teuer)