Wissen wir, wie gut die aktiveren Neuheiten Produzenten rentieren? Kennen wir die Eigenkapitalquote internationaler Modellbahn Hersteller?
Wissen wir wirklich, wie deren Finanzströme laufen? Ich weiss es jedenfalls nicht. Wage aber zu behaupten, wenn mir gewisse wirtschaftliche Kenndaten von Form-Neuheiten liefernden Produzenten bekannt wären, würde ich (auch) deren Modelle wollen, aber ja nichts Weiteres wollen. Müsste sich das Techno-Wunderkind Tesla gänzlich selbst finanzieren, wäre dort schon längstens aus die Maus?!...
Roger hat das finanzielle Unternehmer-Risiko des Modellbahnherstellers angesprochen. Aber das ist "nur" ein Faktor, wenn auch ein ganz wesentlicher. Genau so schwierig dürfte sein, auf die "richtige Neuheit" zu setzen. Entweder sind es "nur" Wagen, oder relative Form-Neuheiten d.h. Modelle von Vorbildern, welche schon vor 10 - 40 Jahren vom gleichen-, oder anderen Herstellern geliefert wurden. Teils mässig gut, teils hervorragende Qualität. Oder extreme Exoten: SBB Doppellok Ce 6/6 gibt es (noch) nicht als Modell! Welche bekanntere SBB Wechselstrom E-Lok fehlt sonst noch als H0 Modell?
Habe mal dazu was zusammengestellt, weiss aber nicht, ob dies hier der richtige Thread ist oder ob der Beitrag nicht besser im Thread "Neue Formen von HAG, Wünsche und Ideen" aufgehoben wäre.
Es wird hier ja öfters über Formneuheiten diskutiert. Basierend auf der heutigen Herstellungstechnologie sind genau diese aber kaum realisierbar, nicht aus technischen, sondern aus kommerziellen Gründen. Um zu einem kommerziellen Erfolg zu werden müssen ansehnliche Stückzahlen produziert und verkauft werden können. Genau daran scheitern aber solche Vorhaben. Man muss auch berücksichtigen: der Markt hat sich verändert. Wir haben heute nicht mehr die gleichen Rahmenbedingungen wie vor 20 Jahren. Die Reichweite hat sich – genauso wie die real verkehrende Fahrzeugpalette - massiv verändert.
Schauen wir mal etwas zurück. 1996 lieferte HAG die ersten Modelle der Re 460 aus, wohlverstanden, der (von den Stadler-Loks abgesehen) letzten echten Schweizer Lok. Dies war 5 Jahre nach Erscheinen des Originals. Ergo: 22 Jahre (davon 17 von Old-HAG) wurde kein Lok-Modell mit neuer Form ausgeliefert. Warum wohl? Weil sich das ganz einfach nicht finanzieren liess. Nicht berücksichtigt sind die GTW’s (ab 2009 ausgeliefert), da es sich hier eigentlich um einen Triebwagenzug handelt (und der kommerziell ganz sicher auch kein Hit war). Ebenso aussen vor gelassen wird die Ee 922 welche ja grösstenteils von Roger Gahler bei Old-HAG konstruiert wurde, aber mangels Potential (beim Übergang von Old- zu New-HAG lagen gerade mal etwa 350 Bestellungen vor) blieb dieses Modell bei Adolf Schoch und seiner HAG Classic. Persönlich hatte ich damals das Verkaufspotential auf 800 bis 850 Exemplare geschätzt und dass mit diesen Stückzahlen kein Geld verdient werden kann, dürfte nun wirklich klar sein. Die Ee 923 war dann nach mir auch grösstenteils eine Resteverwertung aus zu viel produzierten Komponenten der Ee 922. Das ist natürlich legitim und ganz sicher kein Kritikpunkt, im Gegenteil, das macht absolut Sinn. Man darf einfach nicht vergessen, dass dieses Modell aufgrund der realen Verbreitung kein Renner sein kann. Hätte ich eine Anlage, dann würde irgendwo auf einem Abstellgleis so ein Modell zur Zierde herumstehen. Aber das wäre dann ein einziges Modell und nicht Dutzende.
In meinen Augen war die Re 460 für HAG der absolute Glücksfall, dieses Modell mit seinen fast unzähligen Varianten hat der Firma bis heute das Überleben gesichert.
Welche Loktypen sind seit dem Erscheinen der Re 460 eigentlich noch anzutreffen? Mir fällt da nur eine Lok-Familie mit recht grosser Verbreitung ein, nämlich die TRAXXen. Diese wurden ab 1997 gebaut. Das wäre eine echte Formneuheit gewesen und deshalb haben sich da eine ganze Reihe von Herstellern auf diese Typen gestürzt. Die Hauptverbreitung der Lok war aber nicht die Schweiz. Wenn HAG früh mit dem Modell am Markt hätte erscheinen können, wäre es sicher möglich gewesen, einen gewissen Marktanteil zu ergattern. Das Problem war aber, dass in Mörschwil ganz einfach die Mittel und Ressourcen für eine solche Entwicklung fehlten. Eine nachträgliche Veröffentlichung war für mich dann logischerweise obsolet. Da wäre HAG dann ganz einfach zu spät gewesen.
Wie sieht der Ausblick in die Zukunft aus? Für mich eher düster. Vermehrt erscheinen im Vorbild ganze Triebwagenzüge, was ich als Horror für Modellbahnhersteller betrachte. So schön diese auch sind, so komplex, aufwändig und teuer sind sie in der Herstellung und schlussendlich im Verkauf. Auch hier gilt, dass damit keine grossen Stückzahlen mehr erreicht werden können. Der Anteil an Einzelloks wird m.E. weiter zurückgehen, es werden sich so standardisierte Typen wie die BR 185 (und Derivate) oder der BR 193 (Vectron) durchsetzen, aber sonst sehe ich da kein grosses Potential mehr.
Eingangs des Beitrages habe ich den Begriff
«Herstellungstechnologie» verwendet. Ich denke, dass darin die Zukunft liegt.
Ich kann mir vorstellen, dass bei signifikant besseren Materialien und einem
stark verbilligten 3D-Druck die Möglichkeit geboten wird, kleine Stückzahlen
rentabel zu produzieren. Dann können auch solche Kleinserien-Typen wie die von
Hermann erwähnte Ce 6/6 und erst recht absolut massstäbliche Loks kommerziell
erfolgreich geliefert werden. Und genau darauf baue ich.