Die unterschiedlichen Ansprüche der Modellbahner

  • Anlässlich einer Diskussion welches die anspruchsvollsten Kunden sind, meinte der anwesende Händler, das sind die AC Kunden. Ich sei doch auch einer von denen. Jein, ich habe zwar AC Modelle in H0. Da ich aber mit 16 Jahren mit Spur N startete, später mit Eintritt in das Erwerbsleben sofort mit dem Sammeln von DC Messing Modellen begann, bin ich ganz klar DC orientiert und der grösste Teil meiner Sammlung basiert auf DC Modellen.


    Da ich mir den Luxus leiste von Z, N, H0m, H0, 0 und Spur 1 Modelle zu haben und für mich in anderen Spuren ausser H0 nie Dreileiter Modelle ein Thema waren, ergab sich zwangsläufig DC als Hauptsystem.


    Bereits während meiner Lehrzeit fanden erste Spur N Messingmodelle Eingang in meine Sammlung. Diese fuhren auch auf einer Anlage. Einerseits hatte ich damals schon höhere Ansprüche an die Modelle, anderseits war zu Beginn der 80er Jahre die Auswahl an ansehnlichen Modellen nach Schweizer Vorbild sehr klein.


    Schon als Kind mag ich mich erinnern, das Alpenbahnparadies war für mich immer ein Paradies, nur fiel mir dort schon auf, was das Vorbild ist liess sich zweifelsfrei erkennen, an der Genauigkeit happerte es da und dort. Die Massstäbe waren bei den Hintergrundmodellen offensichtlich anders.


    Dem Märklin 3015 Krokodil konnte ich bereits als Kind nichts abgewinnen, die viel zu grossen Lampen und fehlenden Bremsbacken, bei der 3014 Re 4/4I sieht es auch nicht besser aus, stechen störend heraus. Vermutlich genau aus diesem Grund sind Modelle die es in meiner Kindheit und Jugend gab, keine Sammlerstücke die ich haben will, im Gegenteil. So ziemlich alles gibt es heute in viel besserer Ausführung.


    Lange Zeit lag mein Augenmerk auf einer hohen Detaillierung eines Modells, eine eigentliche Vorbildrecherche betrieb ich sehr lange nicht. Mit zunehmender Literatur änderte das sich. Das ein Kleinserienmodell nicht per se gut sein muss, das bemerkte ich bereits recht bald. So war eine lange Zeit das Motto, was gefällt wird gekauft. In diese Kategorie fallen die Wabu Bernina Bahn Fahrzeuge in der zitronengelben Lackierung. Was die Vorbildtreue anbetrifft, teils grausliche Modelle, als Zug von der Farbgebung her einfach wunderschön anzuschauen.


    Was mich bis heute stört, sind Kunststoffteile denen man das von weitem ansieht. Lackiertes Metall sieht fast immer besser aus als Kunststoff, darum bis heute meine Vorliebe für Messing oder Zinkdruckguss Modelle.


    So wenig ich einer exakten Spezies Modellbahner zugeordnet werden kann, so wenig dürfte es auch bei den meisten anderen gelingen. Der eine will gute Fahreigenschaften, der nächste braucht hohe Zugkraft, der andere will ein Rennpferd als Modell, der nächste akzepiert nicht mehr als die maximale Modellgeschwindigkeit. Dazu kommen die die Detaillierungen, Kompatibilität mit alten Systemen, Robustheit usw. Selbstverständlich die Kombination der verschiedenen Anforderungen, der Markentreue und noch vieles mehr.


    Mühsam sind sicher die ewigen Nörgler und ewig Unzufriedenen. Die gibt es überall im Leben und in fast allen Hobbys. Damit müssen sich zum Glück primär die Händler und Hersteller herumschlagen, als Privatperson kann ich diese zum Glück meiden.

    Gruss Erwin



    Wer rast, der verpasst das Leben.


    Kein Platz für weitere Sammelstücke ist nur eine faule Ausrede. ;) Es gibt für alles eine Lösung.

  • Besser könnte man es wohl nicht ausdrücken. :thumbsup:


    Ich teile generell die persönliche Meinung, Messing oder Kunststoff spielt mir keine Rolle, der Gesamteindruck sollte stimmen sowie die dazugehörigen Laufeigenschaften sollten dem Preis entsprechend passen. Gerade im Fahrbetrieb haben heutige Kunststoffmodelle meist einen Pluspunkt in der Fahreigenschaft gegenüber der Messingmodellen. Kommt hinzu gut lackierte Kunststoffmodelle mit Ätzteilen als Anbauteil kommen in der filigranität doch schon sehr nahe an Messingmodelle hin, da macht dann meist der Preis / Laufeigenschaften der entscheidende Punkt für das Rennen.


    Wenn wir mal ehrlich sind, wenn wir alles einer genauen Recherche unterziehen, hätten viele vermutlich keien Freue mehr am Hobby, sei es nun bei den Grosserien oder auch bei den Kleinserien. Ich bin einfach der Meinung um so höher der Preis um so höheren Ansprüchen sollte das Modell standhalten. Ich für meinen Teil vergleiche die Modelle kaum mit Detailfotos, ausser ich supere die Fahrzeuge, für mich zählt das Gesamtbild Vorbild / Modell. Und da komme ich z.B. mit einem aktuellen Beispiel, der Re 450 Verbundzug, als ich das Foto sah, dachte ich mir hmn Logoschriftzug und Tech Block waren beim Vorbild doch in einer Linie, da ich das Vorbild nur wenige male Live sah, musste ich dies dann ebenfalls zuerst nachsehen. Aber da ging es dann meiner Meinung nach nicht um ein Fehlersuchen, sondern ich schaute das Fahrzeug an, merkte es stimmt etwas nicht und erst dann konsultierte ich das Vorbildfoto. Sprich im direktvergleich sollte es einem normalen Vorbildfoto schon standhalten können.


    Was natürlich ein weiterer Punkt ist, um so mehr man mit dem Vorbild zu tun hat um so mehr fallen einem Fehler auf und umso mehr steigen die Ansprüche, wobei ich auch der Meinung bin, gewisse Sachen lohnen sich nicht, da das Modell unnötig teuer wird, aber ander Sachen machen das Modell kaum teurer wenn man es von anfang an richtig macht. Wenn man noch bedenkt, dass für die Recherche Leute in einem Büro sitzen und dafür Geld bekommen, die Recherchen richtig zu machen und nein ich spreche da nicht von HAG, sondern von der Branche im allgemeinen.


    Was mir persönlich als Beispiel auffällt, bei den Güterwagen spielen mir Details eine viel kleinere Rolle als bei Loks oder Triebwagen, weil ich persönlich einen höheren Bezug zu den Loks / Triebwagen habe.


    Eigentlich wäre es dann Aufgabe der Marketingabteilung im Bezug auf Marktforschung herauszufinden was die Mehrheit der Modellbahner sich wünscht.

    Bahnsinnige Grüsse aus dem schönen Kanton Schwyz
    Michel

    Bahnbilder Michel

    Einmal editiert, zuletzt von lehcim ()

  • Sehr gut und ankenswert - die Ausführungen meiner beiden Vorschreiber. Als Nicht-Nietenzähler bekomme ich da aber fast rote Ohren. Allerdings achte ich beim Kauf durchaus auf eine gute/sehr gute Ausführungsqualität!!

    Gruss Günther

  • Hallo Günther


    Ich denke auf die Frage, was ist ein Nietenzähler könnte man gleich wieder ein neuer Thread eröffnen und würde auch da nicht zu einem Ergebniss kommen, was für die einen Nietenzählerei ist ist für die anderen die geforderte Qualität etc. Auf die Frage was ein Nietenzähler ist, bekam ich zumindest bei einem befreundeten Spur 0ler eine tatsächlich aussagekräftige Antwort ;) Der holte seine Ae 4/7 aus der Vitrine, notabene selber gebaut und sagte dann, los hier kannst du Nieten zählen, habe alle selbst eingebaut die Anzahl stimmt. Wenn du dies gemacht hast bist du ein Nietenzähler, vorher nicht :vain:

  • Hallo Zusammen,


    die bisherig angesprochenen Punkte sind das eine, eine andere Sache ist der Einsatz der Modelle. Vom wenig detailierten Einsteigermodell, über das "normale" Grossserienmodell für die Mehrheit der Modellbahner, bis zum detailverliebten Modell für Sammler sollte/muss heute alles vorhanden sein. Zumal die Digitalisierung es für Hersteller und Händler nicht unbedingt einfacher macht. Sobald ein Modell auf dem Markt ist, sind Bilder im Netz verfügbar und alle können sich ein "Bild" machen...


    Ich habe momentan auch ein "Problem": ich besitze eine BLS Traxx von ACME. Super Detailierung (keine Ahnung ob alles originalgetreu Nachgebildet worden ist) für die Vitrine, jedoch eine kleine "Katastrophe" für den Anlageneinsatz. Habe bisher den "Mut" für einen Anlageneinsatz nicht aufgebracht, denke aber, die angesetzten Teile würden sich prima über die ganze Anlage verteilen....


    Der Kompromiss einiger Hersteller, die das Zurüsten der Modelle dem Käufer überlassen, wird jedenfalls in Modellbahnkreisen auch unterschiedlich aufgenommen.


    Am Schluss muss jeder für sich entscheiden ob und zu welchem Preis ein Modell gekauft wird.

    Gruss Marc

  • Hallo Michel,

    mit meinem Statement zu "Nietenzähler" wollte ich niemand zu nahe treten, sondern lediglich darauf hinweisen, dass für mich nicht die letzte Niete, das letzte Element stimmen muss, ohne dass mir die Freude an einem Modell vergeht. Es bleibt selbstverständlich Jedem selbst überlassen, was er an einem Moba-Modell für wichtig oder für weniger wichtig hält . . .

    Gruss Günther

  • Eigentlich wäre es dann Aufgabe der Marketingabteilung im Bezug auf Marktforschung herauszufinden was die Mehrheit der Modellbahner sich wünscht

    Hallo Michel,

    Deine Bemerkungen finde ich sehr stimmig. Insbesondere: wie höher der Preis, um so höher die allgemeinen Erwartungen! Ist doch sonst auch so, nicht nur bei Modellbahnen.


    Kritischer sehe ich den Einfluss von Marketingabteilungen oder gar Marktforschungen. Bestenfalls schadet es nichts, aber nützen tut dies meistens auch nicht viel. Ich finde es schade, dass bei dieser Vielzahl an Kundendaten selbst grosse Player erstaunlich wenig über ihre eigenen Kunden wissen und dieses Wissen über externe Dienstleister herein holen wollen, oder es zumindest versuchen.


    Wollen Sie lieber Digital- oder Analog, wäre heutzutage eine etwas doofe überholte Frage, weil die Mehrheitsverhältnisse längstens geklärt sind. Da gibt es nichts mehr zu fragen. Bei anderen Fragen, z.B. welches Vorbild? wenn der Hersteller überhaupt noch in der Lage ist, Neuheiten herausbringen: jeder würde ein anderes Modell bevorzugen. Oder auch; was ist das Wichtigste, was eine Modell-Lok auszeichnen muss? da besteht in unserem Forum eine breite Palette an unterschiedlichen Ansichten. So gut wie die geschätzten Roco Loks auch sein sein mögen, wenn nur noch dieses eine Prinzip eine Anwendung findet, weil eine Marktforschung XY dies so definiert hat, dann geht auch hier die Reichhaltigkeit verloren. Ein Hersteller muss wenn möglich so aufgestellt sein, dass er auch mit einem mässig hohen Marktanteil (über)Leben kann. Auch früher hatte nicht mal Märklin geschweige Trix - Express, Kleinbahn oder Fulgurex eine volle Kunden-Partizipation, sondern "nur" einen Teilbereich davon. Dafür gab es eine Reichhaltigkeit. Wenn es auf das hinaus läuft, dass der Hersteller heissen kann wie er will und ein Komputer definiert die Ausführung und Preis/Leistung, das wäre mir zu langweilig.


    Gruss

    Hermann

    Analog ist cool:)

  • Hallo Günther

    Das verstehe ich, zumindest mir bist du nicht zu nahe getreten, aber meine Anekdote passt gerade dazu ;)

  • @Hermann


    Absolut deiner Meinung, meine These der Marktforschung bezog sich auf die jeweilige Herstellerfirma selbst und nicht eine externe Firma. Sprich Märklin/Trix als Beispiel forscht was ihre Kunden sich wünschen, Roco jeweils für sich etc. Hatte da vor rund 3 Jahren in Nürnberg z.B. mal ein interessantes Gespräch mit der Firma Roco in diesem Bezug. Dabei merkte man dann relativ schnell, dass die Firmen sehr wohl Marktforschung betreiben / müssen um am Markt überleben zu können. Schlussendlich ist es egal in welcher Branche man tätig ist, die Funktion an sich in der heutigen Zeit ist mehr oder weniger überall gleich bzw. ähnlich.

  • Hallo zusammen


    Eine interessante Diskussion ist das!


    Habe ich das überlesen, oder ist Erwin die Antwort, was denn der Händler darunter versteht noch "schuldig"?

    meinte der anwesende Händler, das sind die AC Kunden. Ich sei doch auch einer von denen. Jein, ich habe zwar AC Modelle in H0.

    War gestern in einem Modellbauladen in meiner nächsten Umgebung, der offenbar (?) neu auch Modellbahnen führt (Roco, Märklin) - er fragte mich, als ich bei ihm Revell-Farben kaufte (die glaubte ich am ehesten in einem Modellbaugeschäft zu finden), ob ich eine Märklin-Bahn habe. Weil die Umstände für eine Diskussion eher ungünstig waren (Die Kinder hatten genug vom "Poschten"...) liess ich die Diskussion sein, was er damit denn meine.


    Ich weiss zwar, dass ich das selbst sein lassen sollte - doch mache ich mir genau zu dieser Frage Gedanken, wenn ich auf Stummi oder DSO unterwegs bin. Ersteres würde ich klar als Märklin-Forum bezeichnen, zweiteres als DC-Forum - mit jeweils Ausnahmen. "Man" fragt sich schon, was denn die Ansprüche sind...


    Vielleicht noch meine "Ansprüche" dazu:


    Grundsätzlich fahre ich auf Märklin K-Gleisen, könnte also eigentlich als "Märklin-Bahner" bezeichnet werden. Mittlerweile ist es eher so, dass ich zwar auf Märklin Gleise fahre, die Steuerung auch Motorola ausgibt, jedoch der Standard DCC ist. Die Fahrzeuge kommen bis jetzt von 34 verschiedenen Herstellern (extra in der Liste gezählt, hätte nicht gedacht, dass es so viele verschiedene sind;(). Früher alles Märklin, bei den Güterwagen zur Mehrheit noch Märklin, bei den Loks je ein Schwergewicht bei Märklin und HAG, bei den Personenwagen Roco und in der jüngsten Vergangenheit eigentlich nur LSM, ACME, R37, REE und andere kleinere Hersteller.


    Was sind denn die Ansprüche konkret?

    Die Fahrzeuge sollen zuerst einmal gut fahren (möglichst leise oder dann einen guten "Eigensound" haben - wie z.B. HAG, auch kräftig sollen sie sein) dann muss der Gesamteindruck stimmen (das tun z.B. die Re 6/6 im Vergleich zur Märklin und Roco trotz dem im Vergleich viel höheren Alter perfekt), die Lackierung muss top sein (wie Erwin mag ich gar nicht, wenn Kunststoffteile als solche sofort erkennbar sind), die Detaillierung fein, jedoch so, dass die Modelle noch Betriebstauglich sind. Neue Wagen müssen im Längenmasstab 1:87 sein - deshalb müssen jedoch ältere Märklin 1:100 Wagen nicht von der Anlage - sie bleiben als "every-day" Züge oder für die Kinder da.

    "Digital" ist für mich selbstverständlich - in erster Linie für Mehrzug- und "Mehrlokbetrieb" mit besten Fahreigenschaften - Licht soll optisch gut sein, doch brauche ich nicht zig-verschiedene Funktionen (3-1 beim Licht reicht mir) - Sound mag ich sehr, doch nur für ausgewählte Modelle (z.B. bei HAG brauche ich das nicht, die tönen sonst schon gut) wie z.B. einzelne Dampf- und Dieselloks. Eine Lok wie die ESU "Stahl Gerlafingen" mit den vielen Funktionen und tollem Sound darf es gut und gerne sein, alle brauchen nicht so ausgerüstet zu sein.


    Meine Anlage ist erst am Entstehen - sie soll vor allem helfen, die Illusion einer Welt im kleinen zu verbessern - eine Welt, die ich mir dann in Gedanken im Kopf fertig zusammen setzte (dabei kann als Einzelthema eben auch Sound viel beitragen, vgl. mein Beitrag hier: https://stummiforum.de/viewtop…3fc1c2f08e0c8b51#p1995842)


    Ich "liebe" "schöne" Reisezüge - und baue diese gerne im Modell nach (auch Güterzüge mag ich, es sind einfach weniger...). Deshalb mein Anspruch, dass ich die Fahrzeuge dazu in möglichst ähnlicher Ausführung und Qualität bekomme (Aktuelle Wagen von ACME, LSM, z.T. Roco, Brawa, Piko, REE, R37 passen mit ebenso aktuellen und auch älteren HAG, Roco, Märklin Loks zusammen - dabei müssen schon noch ein paar Punkte beachtet werden).


    Diese Züge sind dann halt "international-lastig" und auch der Nachtzugverkehr kommt nicht zu kurz - dafür die Inner-Schweizerischen- und Regionalzüge...


    Dies Ansprüche lassen sich heute recht gut erfüllen - die "kleinen Hersteller" haben jedoch gerade in der Betriebssicherheit z.T. gegenüber Märklin und Roco schon noch aufzuholen - LSM ist sehr nahe dran, ebenfalls R37 und Piko, ACME, REE, Brawa müssen noch etwas mehr tun (Rolleigenschaften, Leichtgängigkeit der Drehgestelle/Drehbeweglichkeit). Da erwarte ich noch mehr an problemlosen Fahrzeugen.


    So, dass soll es mal bis hierher sin...

    Gruss Christian


    Meine Fotos; Eisenbahnen (Schwerpunkt Gotthard) und Dampfschiffe: https://www.flickr.com/photos/134896793@N03/ - aktuelles Avatarbild zur Erinnerung an den im Schnee versunkenen Gotthard am 17. April 1999.