Erwin,
die Wahrheit, wenn es denn sowas in der Fliegerei überhaupt gibt, wird wohl bezüglich der DH-100 und DH-112 Vampire und Venom irgendwo in der Mitte sein, zwischen meinem Fan sein von diesem Flieger und Deiner Ablehnung.
Du kommst beruflich aus dem Flugzeug-Bereich und bist ein guter Verkäufer. Ich bin überzeugt, wärst Du eine Spur älter gewesen und vom Bundesrat auserkoren worden zu bestimmen, was und wieviel die Schweiz an Kampfflugzeug anschaffen solle: weit vor Bundesrat Ueli Maurer, schon spätestens Kurt Furgler, eher sein Vorgänger hätte gesagt: wir haben die beste Armee der Welt. Doch noch nicht mal die verwöhnte US Airforce geht sofort auf jeden Vorschlag ein, der ihr von der Industrie vorgeschlagen wird. Selbst so war die Schweizer Luftwaffe eins der ersten Länder der Welt, welche ihr operative Luftwaffe von Propeller auf Düsenantrieb umstellte. (was auch keine so grosse Kunst ist, wenn das Land klein ist)
Wieso ich Fan vom Vampire & Venom bin? Das kannst Du Dir sicher vorstellen... Das hat rein gar nichts technisches an sich, sondern eine persönliche Erfahrung. Welche so in dieser Form nur in der Schweiz und nur vor ca 38 Jahren möglich waren. Ich stelle mir vor, in den USA würde jemand zufällig eine offene Service Türe am Zaun im Flughafen Gelände sehen, zum Rollfeld gehen und sich am Flugzeug zu schaffen machen, ein bsichen an den Hebeln herum drücken und sich Gedanken machen, was die Funktionen wohl sein mögen, ohne geringste Ahnung und ohne jede Legitimation/Auftrag. Da kommt einer, ganz aufgebracht (kein Wunder) nach erstaunliche langer Zeit vom Flughafen daher (kein Pilot) und wollte mich weg schicken. Ich antwortete nein bitte nicht! ich wüsste nicht wie es funktioniert! Die haben mich nicht etwa erschossen oder der Polizei gerufen, sondern einen Piloten hergeschickt... Eigentlich habe ich auch nichts anderes erwartet. Erst Jahre später wurde mir bewusst, dass das Verhalten dieser Armee Angehörigen extrem wie soll man sagen, wohlwollend und beste Werbung in eigener Sache war. Trotzdem, aus mir wurde nicht etwa ein Pilot, sondern ein hundsnormaler einfacher Füsilier von Liestal.
Heute gibt es in Sion weder die Vampire noch sonst ein Armee Flugzeug Typ. Im Wesentlichen hat sich die Armee vom Flughafen Sion aus Spargründen zurück gezogen. Bestenfalles existiert er noch als mögliche zukünftige Option und als Reserve oder zum Ausweichen / Notfälle. Im Wesentlichen ist Sion ein regionaler kleiner Zivilflughafen. Was auch seine Vorteile hat.
Grundsätzlich freute ich mich immer, wenn es Vampire und Venoms zu sehen gab. Aber selten mal regte es mich etwas auf, wenn man am Klettern im Bereich II und III-er war, abseits vom üblichen Pfad und urplötzlich das Gefühl, kurz Angst hatte, der Gipfel würde über einem zusammen stürzen. Weil ganz nahe an der Kante der Becs de Bosson eine Vampire knapp darüber donnerte.
So hat jeder seine Eindrücke: ich glaube Dir, dass Dir diese Flieger wie lahme Enten in der Region Zürich vorkamen. Aber ich hatte in den Walliser Bergen einen komplett anderen Eindruck!!!
Die Mirages hatte man kaum gesehen, die waren viel höher und noch viel schneller "wirklich hoch im Himmel oben". Hingegen die Vampire und Venom "klebten" gefühlt tief unten an den Felswänden und in engsten Tälern und Schluchten. Sie vollführten die wildesten Formationen durch. Teils läuft es mir heute noch kalt den Rücken hinunter, was die Piloten damit anstellten. Die haben nicht ein halbes PS brach liegen lassen, sondern alles herausgeholt, was so eine Vampire hergab. Mag die Steigleistung auch eher bescheiden gewesen sein, gegenüber späteren Kampfflugzeugen, so haben die Piloten dennoch ihren Vampire Flieger gefühlt senkrecht(!) in die Luft gestellt und die wildesten Piruetten gedreht.
In anderen Ländern gab es auch Varianten, welche auf Flugzeugträgern eingesetzt wurden... da nimmt man normalerweise auch nicht unbedingt solche, welche schwach an Leistung sind, man will ja als Pilot nicht die Haie von unten sehen. Aber klar dauerte die Einsatzperiode für potentielle Ernstfälle für die DH-100 und DH-112 nicht lange, das bestreite ich ja gar nicht, dass es wenige Jahre später bereits bessere Fluggeräte gab. Es ist einfach ein persönliches Erlebnis, was mich mit diesem Flieger verbindet. Wäre es der Fieseler Storch gewesen, eins der langsamsten Flugzeuge und für Gletscher Landungen geeignet, auch gut. Wäre die Mirage, oder noch besser die SR-71 Black Bird zu Besuch in Sion gewesen, (die würde dort wohl nicht annähernd landen können?) auch gut. Habe einfach das nächst Beste in Augenschein genommen, was vorhanden war.
Anbei noch ein Bericht aus der Armee, das wird zulange, daher separat. Jedenfalls muss man die Kritik sehr sanft zwischen den Zeilen heraus lesen. Wäre es wirklich ein ungeeigneter überdurchschnittlicher gefährlicher Flieger gewesen, wäre der Bericht, von den Leuten, die ihn wirklich auch geflogen sind, hoffentlich anderst ausgefallen. Ich gehe mal nicht davon aus, das wir in Korea sind, wo Kritik = gehängt werden bedeuten kann! In der Schweiz darf noch jeder seine Meinung kund tun. Wenn da ein Hermann II am fliegen ist, welcher mehr erreichen will, als das Flugzeug im Stande ist, dann steigt halt das Risiko eines Absturzes... Das Schicksal hat es schon richtig gemacht, dass ich am Sternenberg-Sauser am Kabel hinunter düse und kein Steuerknüppel bediene. Niemand will vorzeitig das Spielfeld verlassen. Aber wenn es denn mal so ist, dann ist es halt so. Auch die Super-Vorsichtigen leben nicht ewig.
Gruss
Hermann