Swisstoys – ein Besuch bei Romeo Pianezzi

  • Noch vor der Corona-Zeit sassen wir (Hermann, Stephan Wenger von Blech & Guss und ich) einmal einen Nachmittag mit Willy Meier von SWIMO zusammen (siehe dazu: http://www.blechundguss.ch/180.html). Es war uns daran gelegen, etwas mehr über "geschichtliche" Hintergründe und was da so alles ablief in der CH-Szene der Modellbahn, zu erfahren. Der Nachmittag war sehr interessant.


    Also kam die Idee auf, einen gleichgelagerten Besuch bei Romeo Pianezzi anzustreben. Romeo, ein rüstiger und ausgesprochen liebenswerter, bald 90-jähriger Mann, der zum Glück ganz in meiner Nähe lebt, ist der Inbegriff von Swisstoys, einem Kleinserien-Hersteller von Modellen von Spur N bis 0. Corona-bedingt mussten wir den Termin aber etwas schieben, aber erst kürzlich konnte das Vorhaben erfolgreich umgesetzt werden.


    Als ich ihn zum ersten Mal betreffend eines Termins kontaktierte, empfand ich eine mindestens so grosse Begeisterung seitens Romeo wie bei mir. Er schlug vor, dass ich so mal für eine gute halbe Stunde zu einer Vorbesprechung bei ihm vorbeischauen solle, was ich dann auch tat. Aus einer halben sind dann aber zweieinhalb geworden. Anmerken muss ich aber, dass ich von diesen privaten Treffen keine Fotos liefern kann – wir haben ganz einfach keine gemacht!


    Ich fasse jetzt meine beiden Besuche zusammen, teilweise habe ich Sachen bei der Vorbesprechung erfahren, teilweise beim Besuch mit Hermann und Stephan. Romeo verfügt über ein grosszügig ausgebautes Untergeschoss, mit einem sehr grossen Maschinenpark, Sandstrahl- und Spritz-Kabine, vielen Kunststoffboxen mit Halbfabrikaten und natürlich einiges an Testgeleisen in Spur N, H0 und 0. Ebenso sind zahlreiche Modelle aufgestellt.


    Ein Modell, das ganz sicher immer für eine grosse Beachtung sorgt, ist der Spur 0 RAe TEE, den Romeo schon öfters Spur 0 Clubs (z.B. den Reppischtaler Eisenbahnamateuren oder dem Modelleisenbahn-Club Baar) für öffentliche Besuchstage zur Verfügung stellt. Er meinte, er unterstütze sehr gerne solche Clubs.Ein anderes Modell, welches Romeo als Kleinserie in höchster Qualität gebaut hat, ist die Ae 8/14 mit jeweils 4 Maxon-Motoren und Digital-Steuerung. Ebenso in Arbeit befand sich das Spur 0 Modell einer Lok, die für mich zur Spanisch Brötli-Bahn Generation zählt. Das Interessante an diesen perfekt ausgearbeiteten Modellen ist aber, dass dies keine industriell gefertigten Modelle sind, sondern in Handarbeit sensationell präzise erstellt wurden. Romeo zeigte uns im Detail mit verschiedenen Anschauungsbeispielen, wie aus einem Klotz Messing dann die einzelnen Teile eines Modells entstehen. Für mich als Doppel-Linkshänder eine sensationelle Arbeit, das könnte ich nie!


    Romeo zeigte uns die verschiedensten Sachen, z.B. seine ausgesprochen simple, aber sehr effiziente Tampondruck-Einrichtung. Wenn man dies alles so betrachtet, dann müsste man meinen, das sei ein Vollzeit-Job gewesen. Dabei war der ganze Modellbau für Romeo nur eine Freizeitbeschäftigung, er hatte ein volles Arbeitspensum (z.B. eine Leuchtenfabrikation ganz in der Nähe wo ich wohne). Romeo war ja auch lange Zeit beim MECH (Horgen) aktiv - auch an der Restaurierung des 1:1 Krokodils.


    Romeo hatte sich darauf spezialisiert, mit Fahrwerken von Grossserienherstellern (z.B. Märklin und Fleischmann) Kleinserien herzustellen, die oft dann von den Grossen einige Jahre später ebenfalls noch produziert wurden. Ein Beispiel für solche Umbauten sind die 2- und 3-teiligen schwedischen Erzbahnloks auf Basis der Märklin 3030 Da. Sein sicherlich bekanntestes Modell ist aber die Be 4/6, die in insgesamt 8 Varianten über 500 Mal gebaut wurde. Dazu habe ich dies gefunden http://www.maetrix.net/t7661f9…-Be-der-SBB-er-Jahre.html .


    Wenn immer ein Gehäuse nicht existierte, dann war Romeo auch nicht verlegen, eine eigene Spritzgussform zu entwickeln und so durch einen Spritzgiesser die entsprechenden Teile giessen zu lassen. Romeo hat uns die Spritzgussformen gezeigt und als eines der Resultate ist ja der Zementwagen Ucs der SBB in Spur N – auch als Gold-Wagen - sehr bekannt und populär. Davon sind sehr grosse Stückzahlen angefertigt worden. Ein anderes sicherlich bekanntes Modell ist der Tm II Traktor in Spur H0 (den ich zum Glück auch in meiner Sammlung habe). Romeo baute - bis auf ganz wenige Ausnahmen – alle Dampflok-Modelle der Gotthardbahn (in Spur 0). Eine gute Zusammenfassung über Romeo hat Stephan auf seiner Webpage Blech&Guss publiziert.


    Vielen ist sicher auch bekannt, dass Romeo die ganzen Ruco-Wagen (bis zum Verkauf des H0 Bereiches) erstellt und beschriftet hat. Siehe auch den Ruco-Thread hier im Forum und hier http://bierwagen.bplaced.net/b…log/SwisstoysCH/swiss.htm


    In einer Vitrine hatte Stephan eine modifizierte BDe 4/4 der BT entdeckt. Die Basis dieses Modells hatte HAG produziert, aber die Fenster-Anordnung stimmte nicht. Deshalb hat Romeo dieses Modell auseinandergenommen, mit zwei Messing Einschüben die Anordnung korrekt gesetzt und wieder zusammengebaut. In der Zwischenzeit befindet sich das Modell – als 5-teiliger Zug - im Besitz von Stephan. Ebenso fehlte Stephan in seiner Sammlung noch die 2-teilige Schwedenlok, aber er war im Besitze von zwei 3030. Im Sinne einer Ausnahme, denn seine Bautätigkeiten sind natürlich altershalber ziemlich eingestellt, hat Romeo für Stephan aber nochmals einen perfekten Umbau geliefert (siehe hier: www.blechundguss.ch).


    Wir sind allesamt nicht mit leeren Händen nach Hause gegangen. Wir haben jeder eine der grünen OVP's mit dem Swisstoys Logo erhalten (auf Wunsch sogar mit Autogramm von Romeo). Und natürlich mit einem bleibendem Eindruck, dass wir an diesem Nachmittag Schweizer Modelleisenbahngeschichte miterlebt haben!

    Gruss


    Roland

  • Danke Roland für Deinen umfangreichen Bericht und auch dass Du überhaupt den Kontakt zu Herrn Pianezzi hergestellt hast :thumbsup:.


    Mehr und mehr kommen wir in eine Zeit, seien es Autos 1:1 oder eben auch Modellbahnen, wo die Konstrukteure und Formenbauer aus den 1950 - 1980 er Jahre im heutigen Alltag nicht mehr so präsent sind.


    Gruss

    Hermann

    Analog ist cool:)