Wie die Junior einen Senior zur Verzweiflung bringt

  • Ganz richtig gelesen: nicht DER Junior (das wäre ja auch nichts Aussergewöhnliches), sondern DIE Junior.

    Aber von Anfang an:

    Vor einigen Jahren habe ich mir eine Uralt-Lok zugelegt, die wohl irgendwann kurz nach dem Krieg entstanden ist. Eben von der Marke Junior. Ich denke, dass es sich dabei um ein Schweizer Fabrikat handelt, die schon bald ihre Aktivitäten einstellte. Meines Wissens gab es zwei Modelle, die beide irgendwie eine Schweizer Universallok darstellen sollten. Stellt euch einfach die Landi-Lok als dreiachsige Kürzestversion vor. Die bessere Variante hatte zusätzlich noch beidseitige Vorlaufachsen. Also eine Ae 3/5. Und genau dieses Modell habe ich.

    Als ich sie damals auf die Schienen stellte, passierte nicht viel. Und so wanderte dieses urige Modell in die Vitrine.


    Neulich fiel mir die Lok wieder in die Hände und ich beschloss, sie zum Fahren zu bringen. Oder jedenfalls mal nachzuschauen, weshalb sie nicht tat, was eine Modellbahnlok unter Strom tun sollte.

    Heute schliesslich schraubte ich das Gehäuse ab und besah mir das Innere. Dazu ist zu sagen, dass ich die Maschine zuvor auf das Gleis stellte und spürte, dass noch Leben in der Lok war. Kurzum: ich ging davon aus, dass eine Reinigung der verharzten Zahnräder und ein bisschen Oel an den richtigen Stellen Wunder wirken würden.


    Also reinigte ich alle beweglichen Teile und schmierte die bekannten Stellen mit der notwendigen Zurückhaltung. Schliesslich drehten sich die drei Antriebsräder leicht und die Mechanik schien von allen Widerständen befreit.


    Und richtig: ich stellte die Lok auf das Gleis und sie flitzte davon. Ziemlich schnell. Genauso, wie Hermann es mir vorausgesagt hatte.

    Und hier müsste die Geschichte eigentlich enden - wenn nicht eine der beiden Glühlampen der Frontbeleuchtung dunkel geblieben wäre. Ach ja: Die Junior besitzt ein Walzenrelais, welche die Frontbeleuchtung und die Fahrrichtung gleichsam umschaltet. Diese Walze muss man von Hand, mittels Drucktaste auf dem Dach bedienen.

    In meiner Bastelkiste fand sich eine alte Märklin-Birne, die perfekt passte.


    Nur: Jetzt läuft der Motor der Lok nicht mehr, wie er sollte. Zwar steht er nach wie vor unter Strom, dreht auch. Aber auf Vollgas nur extrem kraftlos, so dass er nur durch Anschieben der Räder ohne Last dreht. So wie bei einem Kurzschluss. Die Lampen - ich ersetzte die zweite ebenfalls - leuchten hell, wie es sich bei Vollgas gehört. Ich bin kein Hirsch in Elektrotechnik, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die Lampen Einfluss auf den Motor haben. Dennoch entfernte ich sie. Der Motor blieb unbeeindruckt. Natürlich überprüfte ich sämtliche Lötstellen und ersetzte das Schleiferkabel, das mir verdächtig erschien, Kurzschluss zu verursachen. Nichts!


    Wenn die Lok direkt nach der Reinigung nicht davongeschnurrt wäre, dass es eine wahre Freude war, könnte ich mich damit abfinden. Aber so frage ich mich schon, wo die Fehlerquelle liegen könnte.


    Ideen?


    Ich werde die Junior wieder zusammenbauen, in die Vitrine stellen und mich über die verlorene Zeit ärgern. :cursing:

    Gruss Roger


    95 von 121 grünen Ae 6/6


    Die Katze schläft im Lärm; nur die Stille weckt sie, wenn die Mäuse rascheln.

  • Lieber Roger,

    zu meinem grossen Erstaunen habe ich keine Junior-Lok in meiner Sammlung. Ich empfand immer eine Art "Hassliebe" zu diesem Modell. Die Schnelligkeit hat mir gefallen, aber es war mir zu wenig Ae 8/14 und der Sammlerwert war in den 1990 - 2000-er Jahren höher als heute, für die kleine Lok war sie mir etwas zu teuer. Zumal sie schneller ist, als das Fahrwerk aushält. Manche Exemplare haben gänzlich rund laufende Räder, andere "eiern" böse herum. Was bei Rangiergeschwindigkeit harmlos ist, aber bei V/max wie beim Audi Silberpfeil & Bernd Rosemeyer endet.


    Noch so gerne würde ich Dir helfen, aber ich möchte lieber nichts sagen, als was falsches. Von diesem Modell habe ich den Schaltplan nicht im Kopf, und zwar Schienen und Wagen und ein Katalog, aber (noch) keine Lok.


    Ganz selten gab es schon H0 Modelle, welche über das Licht geschaltet waren, vor allem aus Frankreich. Und bei Spur I Starkstrom Loks war dieses Vorgehen völlig übliche Usanz. Doch bei Junior, welche übrigens wie Vorkrieg aussieht, aber etwas neuer ist: die beiden Loks gab es im Angebot von 1946 bis 1951.


    Man muss auch aufpassen, von diesem Modell gibt es so viele Umbauten und Basteleien, ich meinte mich zu erinnern, im EA gibt es gar Vorschläge, ganz bestimmt nicht von mir, wie diese Lokomotive langsamer gemacht wird...


    Aber so kompliziert kann das nicht sein. Du schaffts es ganz bestimmt, diesem Modell wieder Leben einzuhauchen. Aber, da habe ich es wie Du, man muss Lust darauf haben. Zur Strafe wenn die Lok nicht tut, was Du von ihr erwartest, kommt sie halt wieder in Einzelhaft für eine gewisse Zeit. Achtung auch beim herum hantieren bei diesem Modell: :thumbup: die Lampeneinsätze, fallen sehr leicht heraus. Der leichte Presssitz ist zu gering.


    Sobald ich mehr darüber weiss, berichte ich Dir gerne. Das kann aber dauern.


    Gruss

    Hermann

    Analog ist cool:)

  • Die Lok war völlig Original. Erst ich habe nun ein Kabel ersetzt, eine schwergängige Schraube abgebrochen ;( (Diese jedoch fast fachmännisch restauriert und wieder verwendet) - und bei der Reinigung offenbar den Motor zerstört. Wenn er keinen Wank mehr täte, wär mir das fast lieber, da dann von einem Kabelbruch ausgegangen werden könnte. Aber so, weiss ich nicht wo nach dem Fehler suchen. :evil:


    Sie steht nun wieder in der Vitrine - als Ersatzteilspender….

    Gruss Roger


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  • Hoi Roger


    Stell doch noch ein Bild ein. Ist das die Lok die die Seitenwände der Gasturbinenlok hat?


    Gruss Barni

  • Hallo Barni,

    Roger bin ich zwar nicht, aber ich kann Dir trotzdem mitteilen; nein die SBB Am 4/6 Turbinenlok ist es nicht. Sie hat nicht die Form der HAG Spur 0 Lok in dem Zeitbereich. Es ist eine eher kleinere grüne H0 Lok mit 3 Triebachsen. Genau genommen wirkt die Lok eher dem 2-achsigen Typ, da die mittlere Achse meist ohne Spurkranz ausgeführt ist. Damals ein normales Vorgehen. Sie entspricht im technischen Aufbau weitgehend dem Märklin Vorkrieg Muster. Das Fahrwerk ist aus Guss, ebenso das Gehäuse welches ganz entfernte Ähnlichkeit mit der damals modernen SBB Ae 4/6 hat, mit noch mehr Phantasie eine (Hälfte) der Ae 8/14 11852 sein könnte? Im wesentlichen ist es einfach eine Fantasie E-Lok. Es gibt die Lok mit Achsfolge "C" und auch als "grosse" 1`C`1 Version. Bj. war 1946 - 1951.


    Einen ausführlichen Bericht über die Firma Junior findet man im Buch von Hans Ueli Gonzenbach und seinen Kollegen im Goldacher Klassiker: "Schweizerische Spielzeug Eisenbahnen" Seite 294 bis 331 von den Autoren Alexander R Stofer und Bruno Wernli. Eher noch bekannter als die Junior Loks, sind die Junior Alu-Leichtstahlwagen im glänzenden Metallic-Lack grün, blau, rot. Gebraucht bespielt nahezu wertlos, wenn original neu, werden nach wie vor äusserst gute Preise bezahlt. An der Berner Börse vom 05.11.2022 wechselten die Wagen neu im Ok für CHF 800.-/Stk den Besitzer, von einem bekannten Lausanner Händler verkauft.


    Mit den Junior Traktoren (von Porsche) welche etwa zur selben Zeit erschienen, hat das nichts zu tun, ausser vielleicht den glänzenden Lack. 1949 wollte alles Junior sein...

    Gruss

    Hermann

    Analog ist cool:)

  • Hoi zäme


    auch wenn Roger noch kein Bild eingestellt, kann ich mir die Lok nun vorstellen; Longimanus Genau, es gab auch eine dreiachsige Version, diese hatte nach meiner Erinnerung aber eher Führerstände, die an eine Ae 4/6 erinnerten (mit angedeuteter Fronttüre)


    Gruss Barni


    ps: wenn wir grad bei Junior sind, gab er nicht von diesem Hersteller mal dieses komische Gleissystem mit der stromführenden Seitenschiene?

  • auch wenn Roger noch kein Bild eingestellt

    Kommt noch, kommt noch…

    Gruss Roger


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    Die Katze schläft im Lärm; nur die Stille weckt sie, wenn die Mäuse rascheln.

  • Genau, es gab auch eine dreiachsige Version, diese hatte nach meiner Erinnerung aber eher Führerstände, die an eine Ae 4/6 erinnerten (mit angedeuteter Fronttüre)

    es gab nur diese beiden Grundformen, welche im Wesentlichen aus den selben Elementen bestanden. Die C-Lok Kat-Nr 3000 hatte Stirntüren à la Ae 4/6 und die Lok mit den Laufachsen Kat 3001 eine schräge Front ähnlich der Ae 8/14 11852 Landilok. Sinnigerweise mit "11801" ausgeführt, was der Ae 4/7 Front entsprechen würde.


    Beim HAG Triebwagen ab 1961 ist die falsche SBB Form eher noch entschuldbar, weil HAG schnell sein wollte. HAG hat sich auf SBB Vorstudien verlassen, welche bei den SBB gar nie zur Anwendung kamen. Aber bei Junior 1946-51 war längstens klar, dass es keine weiteren Ae 8/14 mehr geben würde. Verm. "11801" schlicht eine Verwechslung? Damals waren falsche Nummern noch kein Drama. Man stelle sich 2022 ein Ae 6/6 Modell vor, welches versehentlich mit Re 460 beschriftet ist, ;) das wäre womöglich ein Fall für die Staatsanwaltschaft?


    @ Barni: wahrscheinlich verwechselt Du die von Dir beschriebene Lok und das Gleis mit einem Mitbewerber /Konkurrenten von Junior. Die Firma Car hatte solches kurz Mitte - Ende 1940-er Jahre im Angebot, Junior nicht.


    Gruss

    Hermann

    Analog ist cool:)

  • Hier endlich ein Bild:


    Gruss Roger


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    Die Katze schläft im Lärm; nur die Stille weckt sie, wenn die Mäuse rascheln.

  • Wenn ich gestern erfolglos versucht hätte für meine SNCF-Lok einen Lichtleiter zu basteln, hätte ich es wohl sein lassen und die Junior nicht mehr angerührt. Aber da mir die Reparatur der Nez-Cassé gestern gelang, nahm ich das kleine Maschinchen heute nochmals auseinander. Und zwar vollkommen. Einen Fehler habe ich leider nicht gefunden. Und nun ist es eben die sauberste, nicht funktionierende Junior-Lok. :dash:

    Wenn ich sie anschiebe, kriecht sie bei Vollstrom eben mal so aus eigener Kraft geradeaus. Wenn ich sie nicht kurzzeitig anders erlebt hätte, wäre ich vielleicht geneigt gewesen, dass dies wohl nie anders war. Ich werde mir bei Gelegenheit ein weiteres Modell zulegen. Um Ersatzteilspender ist man immer froh.

    Gruss Roger


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  • Roger, so wie sich Deine Beschreibung anhört, ohne jede Garantie, ob dies auch zutreffend ist, von aussen ist ein Befund immer schwierig. Ich kann mir bei Deinen ausgezeichneten Fähigkeit unmöglich vorstellen, dass Du was kaputt gemacht hast. Und dass der Strom hier über das Licht geschaltet ist, ist auch höchst unwahrscheinlich.


    Aber der Motor ist mehr schnell als stark übersetzt. Es kann möglich sein, dass der Vorbesitzer den Motor überlastet hat. Zumal das Modell die bärenstarke Ae 8/14 darstellt, in den SJW Heftchen stand 12`000 PS und im Vorbildbuch (Hans Schneeberger) steht, dass sie 1951 real mehr Zuggewicht schleppte, als sie eigentlich zugelassen wäre. Offiziell maximal 770 Tonnen mit 70 km/h (2,6% bergauf) real sollen es 1951 auch zuweilen 840-850 Tonnen gewesen sein.


    Wenn das einer mit dem Junior Modell in H0 nachspielt, dann ist schnell mal die Wicklung kochend heiss. Hört man sofort auf damit, kann man Glück haben. Meistens jedoch, ist dann die Wicklung irreparabel defekt. Oder es kann auch die Lötung einer der 3 Anschlüsse an die Kommutator Scheiben entweder extrem korrodiert, oder was einem halb um den Verstand bringt, die Lötung im Prinzip "gebrochen" aber dennoch der Draht an die Scheibe "angelehnt sein, was einen Wackelkontakt erzeugt, im Sinne manchmal gehts, manchmal nicht.


    Wäre der Defekt in dem Bereich, würdest Du es nicht (gut) sehen, aber problemlos riechen! Eine alte Lok in perfektem Zustand, deren alle Komponenten einwandfrei funktionieren, und alles original belassen ist, so eine Lok kann es locker mit Channel 5 aufnehmen. Mit Komplimente an die Damen muss man mit so einem Vergleich dennoch vorsichtig sein: Du bist so wunderschön, wie eine DH-100 de Havilland Vampire, da kann der Schuss hinten hinaus gehen. Sie sagt zuerst gar nichts und schaut im Handy nach, was eine DH-100 ist, dann dauert es ein paar Sekunden und voller Entrüstung tönts: seit wann soll alter Schrott sein müssen, eine Frau begeistern :rocket: , eine fein schmeckende Junior-Lok dürfte eine ähnliche Reaktion hervorrufen.


    Ist die Wicklung defekt, dieser Gestank geht für lange Zeit fast nicht mehr aus der Lok, das würde man bemerken. Die Dämpfe welche dabei entstehen, sind auch etwas giftig. Riecht Deine Lok normal bis gut, muss der Defekt eine andere Ursache haben.


    Eine weitere mögliche Fehlerquelle, dass die Relais-Kontakte nicht mehr das tun, wie und was sie sollten? Weil ansonsten sind beide Junior Loks sehr robust, ausgeführt, die sind wirklich nicht heikel. Gegen eine originale Jibby Ae 4/7 sind die Junior Loks robust und unzerstörbar wie ein Panzer. Da wette ich, Roger, dass Deine Junior Lok bald mal wieder zu Deiner vollen Freude laufen wird :rolleyes:


    Gruss

    Hermann

    Analog ist cool:)

  • Ein Schaden an der Wicklung ist auch mein Verdacht. Als ich die Lok damals kaufte verströmte sie tatsächlich einen komischen Geruch - jetzt wird mir einiges klar.

    Seit meiner Corona-Erkrankung ist mein Geruchsempfinden stark eingeschränkt. An der Lok habe ich den speziellen Geruch neulich nicht mehr wahrgenommen. Aber da ich bei der Reinigung det Teile auch mit WD40 hantierte, wurden allfällige Gerüche überdeckt.

    Gruss Roger


    95 von 121 grünen Ae 6/6


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  • ...ja und allenfalls Lackisolierungen angelöst...

    Glaube ich nicht. WD40 hat in der Nähe des Motors nichts verloren. Damit wurde nur das verharzte Getriebeteil behandelt - aber wer weiss, schon wenn Murphy zuschlägt. 8|

    Gruss Roger


    95 von 121 grünen Ae 6/6


    Die Katze schläft im Lärm; nur die Stille weckt sie, wenn die Mäuse rascheln.

  • das glaube ich auch nicht. Die damaligen Modelle waren leider nicht massstäblich und stark vereinfacht ausgeführt. Aber Billigmodelle waren es ganz sicher nicht. Roger wird ja wohl nicht wie er ja oben schreibt, "hat nichts verloren" die elektrischen Spulen damit eingerieben haben. Und ein paar kleine Tröpfchen die im Gehäuse allenfalls herumspritzen und zufällig auf die Spule gelangen, dass müsste so eine Spule ganz bestimmt noch locker aushalten können.


    Dennoch, eine interessante Fragestellung, ob WD40 oder sonstige Oele dem Isolierlack neutral, isolierend oder eben lösend gegenüber steht?


    Die Spielzeug-Lokomotiven der damaligen Zeit waren ausgesprochen teuer. Kürzlich habe ich im Jahre 2022 von Roco (Made in Rumänien?) bei Bahnorama die 79616 schnelle SNCF CC-6520 "Ruffec" für CHF 207.- gekauft. 1946 kostete von Junior die 3001 "11801" 5-achsige pseudo Ae 8/14 CHF 96.- was 76 Jahre her ist. Da darf man schon annehmen, dass auch wenn es nur eine Spielzeuglok war, bei den verwendeten Materialien nicht gespart wurde. Trotz aktuell eher etwas höheren Teuerung, auf den Stundenlohn umgerechnet, dürfte vor 70-80 Jahren Modellbahnen ganz bestimmt nicht günstiger gewesen sein, eher im Gegenteil. Die damaligen meist kleinen Preise in den z.B. Märklin Katalogen täuschen. Was nützt eine kleine Preisangabe, wenn der Lohn im Verhältnis noch viel ausgeprägter "klein" war. Teilweise gab es Lehrbetriebe, wo der Lehrling keinen Lohn bekam, sondern er oder seine Familie gar noch bezahlen mussten...


    Wieso hat Junior überhaupt aufgehört?

    Produktionen in kleineren Serien mit viel Handarbeit, dass war auch schon damals teurer als durchstrukturierte Betriebe welche sich effizientere Maschinen leisten konnten. Direkt nach dem Krieg hat Märklin an die spielzeughafte Vorkrieg Produktion angeknüpft, aber bereits ab 1948 war Märklin nicht nur deutlich billiger, sondern auch besser, mit interessanteren "echten" Modellen am Markt. Dieses Tempo ist unglaublich hoch, nur die wenigsten Firmen erreichten diese Effizienz. Ausgenommen die Zinkguss-Qualität. Es gibt bei Car und Jibby ein paar Zinkpest Problem-Modelle, doch ansonsten, z.B. bei Junior, Irrtum vorbehalten, ist Zinkpest ganz im Gegensatz zu Märklin aus dieser Zeit, in der CH markant viel weniger aufgetreten, mehrheitlich gar nie!


    Es war wohl mehr eine unterschiedliche Philosophie als das eigentliche Können, was die meisten Schweizer Modellbahn Hersteller zum aufhören bewog. Auch Risikobereitschaft dürfte eine Rolle gespielt haben. Zwar gab es noch keine EU, aber wahrscheinlich konnte Märklin allein nur schon vom deutschen Inland Marktbereich leben. Für das alle die zahlreichen Schweizer Modellbahnhersteller hätten überleben können, dazu war wohl schon damals die CH zu klein? Aber aus der (jetzt) warmen Stube lässt sich das leicht sagen, man hätte auch einem Auktionshaus sagen können: viel mehr investieren, statt Haie suchen gehen... Der Nachfolger hat sich viel mehr der Zeit angepasst, zu unseren Zeiten hiess es noch: einzig Bargeld! Mit dieser Haltung hätte man heute keine Chance mehr. Aber mit mehr investieren kann niemand zum Voraus wissen, ob damit mehr der Aufwand oder mehr der Umsatz/Gewinn steigt?


    Auch ist ein Unterschied, ob eine Firma in der realen Produktion tätig ist, oder "nur" in der Social-Medien Digital-Software. Z.B. die Firma Twitter hat (bisher) niemals wirklich gut wirtschaftlich rentiert, und dennoch ist der Börsenkurs von Twitter gar nicht mal so schlecht, mehrheitlich Jahr für Jahr gestiegen, bis jetzt der Sturz erfolgte. Es mag noch deutliche bessere Kursgewinne anderer Firmen gegeben haben, aber rein wirtschaftlich hätte die Börse bei Twitter einen Verlauf nahe am Existenzminimum nachzeichnen müssen. Oder gar eine offizielle Gewinnwarnung, was meist eine Zäsur oder gar das Aus zur folge hat.


    Und auch wenn die CH Spielzeug Firmen in den 1950-er Jahren wie Junior, Jibby, Wesa, Buco, Resal, Keiser, kräftig investiert hätten, in der vergleichsweise kleinen Schweiz hätten nie alle Hersteller überlebt, dann wäre die Bereinigung halt 20-30 Jahre später gekommen. Was hätte die Firma Hermann tun können? Die Spur 0 hat niemals ganz aufgehört, aber nach 1955 war es immer ein kleiner bis kleinster Nischenbereich. Den Jungen der nachfolgenden potentiellen Käufern kann man nicht sagen, du MUSST weiterhin Sammeln und kaufen, damit die Firma weiterhin leben kann. Zuerst muss das Interesse vorhanden sein und dann kann vielleicht eine Firma existieren.


    Gruss

    Hermann

    Analog ist cool:)

    Einmal editiert, zuletzt von Longimanus ()

  • Dennoch, eine interessante Fragestellung, ob WD40 oder sonstige Oele dem Isolierlack neutral, lösend oder gar (zusätzlich) isolierend gegenüber steht?


    Eine Frage die nicht allgemein abschliessend beantwortet werden kann. Lacke und Öle sind oft auf keine sehr guten Freunde. Es dürfte vermutlich sehr schwierig sein, herauszufinden ob ein Lack nicht, wenig oder gut ölbeständig ist. Bei einer meiner Fräsmaschinen hat eine tropfende, weil nicht fachgerecht montierte Kühlmittelzuführung, den Isolierlack des Spindelmotors innerhalb von 20 Monaten soweit aufgelöst, dass es zu einem Wicklungsschluss kam. Der Schaden lag bei ca. Fr.15'000. Zum Glück war es noch innerhalb der Garantie. Der Ölanteil im Kühlschmiermittel ist nicht besonders hoch, vielleicht 5 Prozent.


    WD40 hat die Eigenschaft alles zu unterkriechen. Eine tolle Eigenschaft wenn Dreck gelöst werden muss. Hat der Isolierlack bereits kleine Risse, kann genau das dazu führen, dass WD40 in diese kriecht und nicht mehr gut haftenden Lack ablöst oder absprengt. Genau darum gibt es bei mir im Haushalt kein WD40. Geschmiert wird mit Öl, Fett oder Teflonspray, gereinigt mit Benzin oder Reinigungsmittel auf Seifenbasis.

    Gruss Erwin



    Wer rast, der verpasst das Leben.


    Kein Platz für weitere Sammelstücke ist nur eine faule Ausrede. ;) Es gibt für alles eine Lösung.

  • Hoi zäme


    Die Frage, weshalb Junior hat aufhören müssen dürfte wohl - wie Hermann erwähnt hat - rein daran gelegen haben, dass der Markt zu klein war und darum eben das Geld für Entwicklungen gefehlt hat. Irgendwann ist Märklin halt dann mit vorbildangenäherten Produkten gekommen und man könnte mit irgend einer Fantasiebrekzie kein Geld mehr verdienen, auch wenn sie, wie das Exemplar von Roger - grundsätzlich gefällig aussahen (von der 3-Achsmaschine könnte man allerdings auch das nicht mehr sagen).


    Dass Märklin aufgrund seiner viel grösseren Produktion einen in der Mangelwirtschaft der Nachkriegszeit riesigen Rohmaterialbedarf hatte und darum wohl alles eingeschmolzen hat, was irgendwie nach Metall ausgesehen hat, führte später zwar zu Problemen; im Verkaufszeitpunkt waren die aber für niemanden sichtbar.


    Es fragt sich nun allerdings, weshalb denn andere wie HAG überleben könnten. Zum einen mag es daran gelegen haben, dass HAG schon früh die Spurnullproduktion aufgegeben und sich aufs Kerngeschäft konzentriert hat. Zum andern hatten die einfach auch gefälligere Formen, die Proportionen stimmten trotz der nötigen Massstabskompromisse. Das ex-Buco Ae 4/7 Gehäuse wurde ja noch bis anfangs Achtziger verkauft.



    Andrerseits hatte man den Mut, die Ae 6/6 mit den ausschwenkenden Pufferbohle bald mal nicht mehr zu produzieren, obwohl HAG dann über Jahre kein Modell mehr dieser wirklich weit verbreiteten und darum beliebten Lok im Angebot mehr hatte.


    Bei Junior hatte man offenbar diesen Mut weniger und bot die aufgezählten LS weiter an, obwohl sie nur entfernt ans Vorbild erinnerten, groteske Pufferbohlen hatten und irgendwie dessen Gesamteindruck optisch einfach nicht einfangen konnten. Gefälliger Modellbau hatte bei den damals nötigen Massstabskompromissen und fertigungstechnischen Einschränkungen einfach noch eine viel grössere kunsthandwerkliche Komponente


    Gruss Barni

    4 Mal editiert, zuletzt von Bastler ()

  • wobei festzustellen ist: nicht ganz alle, aber viele der erwähnten Firmen gibt es noch nach so vielen Jahrzehnten, teils sehr erfolgreich. Für uns hier geht es um Modellbahnen. Wenn ein Hersteller in der Lage ist, andere Branchen zu finden, oder gar die Modelleisenbahn-Herstellung von Anfang an nur ein kleiner Teilbereich darstellte, dann ist es normal, dass die Werkleitung lieber in etwas investiert was Umsatz und Gewinn wahrscheinlich werden lässt, als seine Kraft in etwas hineingeben, was wenig Aussicht verspricht.


    Max Maag (Junior) war der Sohn vom Zürcher Firmengründer der Firma Maag-Zahnräder, eine weltbekannte Firma, eigenständig bis 1997.

    Wesa ist eine Spezialitätenfirma für hochstehenden Kunststoff-Spritzguss.

    Löwenstein - Zürrer waren im Käsehandel tätig.


    Soweit bekannt, setzte Märklin seit 1859 alles auf eine Karte und fertige zuerst Spielzeuge allgemein und einfache Modelleisenbahnen waren nur ein ganz bescheidener Anteil vom Gesamtangebot, nah dies nah entwickelten sich die Modellbahnen zur eigentlichen Domäne von Märklin und den Mitbewerbern in Nürnberg, bald mal in allen gängigen Spurweiten, solange genügend Nachfrage für eine bestimmte Spurweite besteht. Alls die Schweizer Modellbahnen Firmen gerade daran waren, in dieser Branche aktiv zu werden, in der CH die meisten davon ca 1945 - 1950, da hatte Märklin in Göppingen und Bing in Nürnberg bez. die Bing-Nachfolger bereits schon 90 Jahre Erfahrung in der professionellen Spielzeugherstellung. So jemand, mit so vielen Angestellten und Marktdominanz muss und kann mehr Risiko bezüglich Modellbahnen eingehen, als wenn dies nur ein Nebengeschäft darstellt. Aber auch dies ist keine Garantie. Bei Märklin wurde es um 2009/2010 sehr knapp. Da die richtige Strategie wählen, wenn die Schulden zu gross werden, noch mehr Schulden machen, allerdings sehr zielgerichtet, - diesen Mut muss auch jemand bez die Auffanggesellschaft / Banken erst mal aufbringen.


    HAG war einfach wohl die beste der damaligen Firmen :thumbsup: . Nach meinem Empfinden hätte es genau so gut WESA sein können, wenn sie in H0 Produziert hätten, für H0 DC und H0 AC, aber dann hätte es HAG nicht geschafft. HAG hatte auch einfach Glück mit dem Zeitgeist, für das Grund und Gleissortiment war Märklin und Fleischmann zuständig, HAG konnte auf die kostenintensive "H0 Bahn-Infrastruktur" verzichten und brauchte "nur" noch Hauptsächlich "SBB" H0 Lokomotiven herzustellen, mit dem Nebensortiment der SBB Personen u. Güterwagen. Die SBB Re 4/4 II war 1964 ganz neu und aktuell, die Swiss-Express EW III Züge 1975 topaktuell, die Wagen lieferte Liliput, die Lok kam vorerst einzig von HAG. Die Re 6/6 1972 mit 10`600 PS eine der stärksten Loks überhaupt. Die Modellbahn Herstellung weit davon entfernt, dass es annähernd alle Vorbilder geben würde. All das spielte HAG und deren Kunden der Zeitgeist in die Hände. Hätte HAG 20 Jahre früher, oder 20 Jahre später SBB H0 Loks angeboten, wäre es nicht das Gleiche gewesen.


    Eine Sonderrolle spielte die Firma Fulgurex, meines Wissens waren sie nicht oder nur ganz zu Beginn aktiv selber in der Herstellung, aber die Firma Fulgurex hatte ca. schon 1947 als einer der ersten Anbieter, Jahrzehnte vor den anderen, realisiert, dass Kinder bezüglich Umsatz überschätzt werden und die Begehrlichkeiten der Erwachsenen unterschätzt werden. Fulgurex trat primär als Auftraggeber für Messingmodelle und als Importeuer für HAG Modelle im Ausland auf. Man(n) muss nicht unbedingt ein Buch oder eine Rolex kaufen, es durfte auch eine Spielzeug Lokomotive sein, um ein Mann zu sein. Nur müssen dann halt auch dem seine Bedürfnisse berücksichtigt werden. Einfach "11801" auf ein Fantasie Modell anzubringen, genügte den 40+ Kunden nicht mehr, um als Käufer in Erscheinung zu treten, das Modell musste schon stimmen...


    Man könnte ewigs darüber schreiben, doch ich will euch damit nicht langweilen. Spätestens wenn in mir der Input kommt, jetzt ist genug, empfinden das wahrscheinlich x andere Forumisten auch.


    Herzliche Grüsse

    Hermann

    Analog ist cool:)