Gegenfrage: Wer ausser Dir interessiert sich denn noch für einen Märklin Guss Güterwagen 314 Shell in der 1.
Lieber Roger,
zugegeben, das MoBa-Forum ist mit Abstand das töllste und beste Forum vom ganzen Planeten . Das ist ein Fakt und wird von niemandem ernsthaft angezweifelt. Trotzdem repräsentiert das MoBa-Forum "nur" einen Teil der Modellbahner und nicht 100% dieser vielschichtigen Spezies. Oder anderst ausgedrückt: Es gibt durchaus gute Modellbahn-Geschäfte, deren Kundschaft das MoBa-Forum nicht (alle) kennen und trotzdem reichlich Umsatz generieren...
Als private Person, welche ganz viel nicht weiss, bin ich letztendlich die falsche Person, Dir diese Frage schlüssig beantworten zu können. Massgebend ist der aktive Händler, er muss den - aktuellen - Markt kennen. Bahnorama hätte diesen grösseren Posten sicher nicht gekauft, wenn er dies aus unternehmerischer Sicht als sinnfrei erachten würde. Ich oder sonst wer als einziger Kunde reicht da bei weitem nicht! Es braucht und es hat weitere kaufkräftigere Kunden, sonst rentiert es nicht für den Händler kaum.
Insofern stimme ich Dir zu, dass alte Märklin Bahnen ihrerseits längstens nicht mehr 100% die Leidenschaft "ich will es unbedingt haben" in das Gehirn ALLER Kunden eindringen. Damit wird nur noch einen gewissen Anteil der potentiellen Kundschaft erreicht. Doch das ist heutzutage auf anderen Gebieten doch auch so: TV, Zeitungen, selbst innerhalb moderner Blockchain-Technologien gehen die Meinungen weit auseinander, was denn nun der ganz richtige Coin sei? Auf sämtlichen Gebieten muss der Händler den Kuchen mit Mitbewerber teilen. Damit wird sich ein Händler abfinden müssen. Selbst in Brunnen hat es 3 Velo Geschäfte und 5-7 Taxi Unternehmen, obwohl 1-2 Taxi bestens ausreichen würden.
Mir ist annähernd egal, ob mal in 50 Jahren meine Sammlung finanziell wertvoll oder wertlos sein wird. Bez. umgekehrt, im Wissen dass die Möglichkeit der Wertlosigkeit besteht, hält es mich trotzdem nicht davon ab, meine Lücken zu füllen, also zu kaufen... Für den Sammler kommt es +/- auf`s Gleiche heraus: "Früher" musste wirklich viel dafür bezahlt werden, aber der Gegenwert war echt real, nicht nur fiktiv. Heute sind die Preise um mindestens 50% gefallen, in Teilgebieten bis zu 90% tiefer(!), dafür ist auch im gleichen Masse der finanzielle Aufwand für den Käufer gesunken.
Das Wissen dazu:
Ich möchte mich nicht mit fremden Federn schmücken: von selber kann man fast nichts wissen, nur das Interesse kommt von selber. Primär haben mir anfangs 1980-er Jahren freundliche Kunden, ihrerseits bekannte Sammler, ihr Wissen weiter gegeben . Der Koll (Märklin Preiskatalog) hat das Ganze verfeinert und beides hat das Auktionshaus auf den Wahrheitsgehalt überprüfen können. In dem Sinne, wenn zu xy stand: Rarität und fast jede Auktion kam der Gegenstand, teilweise mehrfach, hatte es sich mit der Rarität erübrigt, egal was in der Koll-Bibel stand, oder über diese der Einlieferer (von mir) erwartete. Das umgekehrte gab es auch: etwas was im Koll als ein Nonvaleur taxiert war, aber bei Dorenbach und sonst wo kaum je auftauchte, habe ich höher bewertet, ob es dem Käufer passte oder nicht.
Würde, Bürde, würtig: neeeein, ja nicht! Legitimiert ist JEDER welcher Lust hat.
Wie weiss man ob der Tankwagen 314 Shell von 1949 oder 1952 ist? Generell zu allen Märklin Modellen vor 1950: Ganz einfach, allein dass das Modell vorhanden ist, spricht zu 99% für eine spätere Version!
Das Verhältnis gut erhaltene Modelle von 1952-57 gegenüber dem Bj. 1947-49 ist mindestens 1:100, eher 1:1000. --> nicht der Auflagen wegen, Märklin lies nichts anbrennen und verkaufte, was der Markt hergab. Es war die Zinkpest ! Spätestens von 1957 bis zum Seetal Krokodil war bei Märklin die Zinkpest kein Thema mehr. Selbst zu Vorkrieg Zeiten war Zinkpest nicht übertrieben stark vorhanden, eher "nur" in Teilbereichen gegenwärtig.
Jedoch von ca. 1942 bis 1949, bei Wagen teilweise bis 1955, hat die Zinkpest schlimm gewütet!! Die Zinkpest wartete damit nicht bis es den Koll gab, bereits anfangs 1950-er Jahren lieferte Märklin Ersatzgehäuse für die SK 800 und den TW 800, weil die wenige Jahre zuvor gelieferten Modelle bereits zerfallen waren! Stimmt die Legierung nicht ganz exakt, zerfällt der Guss manchmal bereits nach 1-2-3 Jahren. Stimmt die Legierung nicht wirklich, beginnt der Zerfall vorerst unbemerkt im Prinzip sofort! Nur dauert es einige Monate bis Jahre, bis die Zerstörung sichtbar wird und Auswirkungen hat.
Insbesondere die 3 Jahre 1947, 1948, 1949 sind ganz besonders hart vom Zinkzerfall betroffen. Offensichtlich nicht ganz 100% aller Modelle, aber mehr wie 90% der Auflagen sind allein durch die Zinkpest zerstört worden!!! Das Gute daran ist: überlebte so ein 70 jähriges Märklin Modell bis heute, gibt es keinen Grund anzunehmen, dass es doch noch von der Zinkpest befallen würde. Heute noch gut erhaltene Modelle, haben das Zeug, auch 140 zu werden. Hohe Feuchtigkeit und starke Temperatur Schwankungen sind zu vermeiden. Strenger Fahrbetrieb und vor allem Stürze sind gleichfalls Gift. Dieser 70 jährige Zink ist hart geworden und hat die Farbe wie Stahl angenommen, - aber es ist nicht Stahl!! Fällt so ein uralter Guss-Brocken vom Tisch, oder passiert ein Zusammenstoss mit einer HAG Ae 8/8, letztere hat rein gar nichts zu befürchten.
Insofern ist der der grösste Zinkzerfall ausgerechnet in den Jahren 1947-1949 besonders schade, da Märklin exakt zu dieser Zeit einen grossen Innovationsschub einleitete: Die Neuheiten-Modelle wurden (gegenüber Vorkrieg) massstäblicher, länger und mit ganz neu Konstruierten Motoren ausgestattet. Im Grunde wurde in diesen kurzen 2-3 Jahren die Basis für 20-30-40 Jahre Märklin gelegt.
Achtung an Leute, welche gerne diese Modelle restaurieren möchten und auf e-bay oder sonst wo schadhafte Modelle aus dieser Zeit kaufen, welche "gar nicht mal so sehr defekt sind"! Um den Kauf von teuren Ersatzteile kommt man in keinem Fall herum! Man kann beliebig viele Restaurationsobjekte vom selben Loktyp kaufen: es ist von der Lok IMMER das gleiche Teil defekt und immer das gleiche Teil ganz. Mit der Zeit hat man 100 Puffer, 1000 Blechteile, aber die Gussräder und vor allem der Gussrahmen fehlt einem immer noch, auch wenn man 100 Ruinen kaufen würde.
Lieber warten, bis doch mal ein gutes Exemplar auftaucht, falls es wie original werden sollte. Oder man bastelt sich ein Fantasie-Modell zusammen, auch gut.
Nochmals zur Begehrtheit: Man könnte das Ganze künstlich auch wieder noch mehr in Schwung bringen. Der Aufwand ist mir zu gross dazu. Meistens ist es besser und einfacher, den Dingen ihren Lauf lassen. Zugegeben, von den zahlreichen Leuten die im Bahnorama Geschäft waren, die Mehrheit schauten die neuen Digital Modelle an und kauften diese auch. Am Märklin Uralt-Tisch hatte es nicht ganz so viele Leute... und vorerst mehr Frager, als Käufer... Doch ein paar hatte es schon. Einer (ein Kunde) schaute ständig in mein Einkaufskorb statt auf den Tisch und fischte aus meinem Korb einen Wagen heraus. Auf mich wirkte er, als hätte er Angst, etwas zu verpassen. Ich meinte nur zu ihm, Sie sind bestimmt jemand, welcher an den Börsen den Aufpreis für Früheinlass bezahlt...
Gruss
Hermann