Hallo zusammen
Am Sonntag hatte ich mir den Film nun auch angeschaut - genau 1x... Ich hatte "böses" befürchtet, quasi wirklich eine schlechte Situation zu sehen. Dazu darf ich mich insofern "outen", dass ich das durchaus auch fachlich beurteilen kann, können müssen (Q, Produktion, Lean-Production als berufliche Tätigkeitsgebiete). Nun ja, was soll ich sagen?
Der Film gefällt mir! Vor allem da mich Rolands Beitrag oben in meinen Vermutung zum Stil und zur Machart sowie insbesondere zur Zielgruppe des Beitrages in meinen Vermutungen bestärkt.
Zuerst zu den viel kritisierten Punkten - Feilen über lackierten Gehäusen, Verwechslung Ae und Re 6/6, Fingernägel, Ae 4/7-Phanto, "Sauordnung" - ich möchte da zuerst einmal andere Interpretationsmöglichkeiten in den Raum stellen:
- Die beiden besagten Gehäuse (je ein rotes und grünes Ae 6/6 Gehäuse) könnten ja auch einfach Ausschuss Gehäuse sein, die zu Illustrations- oder Dekozwecken ins Bild genommen wurden. Es ist a) für den Zuschauer einfacher zu erkennen, was da befeilt wurde und b) schaut der Film "farbiger" aus - Videojournalisten/-produzenten kommen da auf Ideen, die diejenigen, welche nichts mit dem Business am Hut haben, sich nicht vorstellen können. Ich gehe schwer davon aus, dass in der "normalen" Produktion dies so nicht stattfindet (oder Rolands Einwurf mit dem Muster zutrifft).
- Damit die Überleitung zu den Fingernägeln. "Wir Männer" haben in aller Regel keine Erfahrung mit solchen Nägeln Auf jeden Fall weiss ich, dass Trägerinnen solcher Nägel damit die erstaunlichsten Tätigkeiten inkl. 10-Finger-System Schreiben ausführen. Ich wäre vorsichtig damit, ihr zu unterstellen, dass damit nicht an und mit Modellen gearbeitet werden kann...
- Wer von uns ist schon mal vor der Kamera gestanden? Eben - da verwechselt man Dinge oder tut Dinge, die man sich nicht vorstellen kann... Zudem glaube ich auch, dass er das wirklich verwechseln kann - er muss nicht zwangsläufig Modellbahnfan sein.
- Der Ae 4/7 Phanto müsste nicht wirklich sein - was zur Ordnung überleitet
- Die Bilder zweigen doch zahlreiche Beispiele von Arbeitsorganisation - zwar z.T. in alten Behältnissen, doch geordnet. Dazu hat es Bsp. von Poka Yoke oder Ansätze dazu (https://de.wikipedia.org/wiki/Poka_Yoke) - eine japanische Methode der Fehlervermeidung. Damit meine ich die Schablonen, mit denen die Gehäuse bedruckt werden (da gibt es mit der Höhe der Wappen noch ein Problem - einverstanden). Wichtig ist auch, dass wenn Abläufe im Fluss optimiert sind (Wartezeiten, Zwischenlager und viele Bewegungen vermeiden, etc. http://www.lean-production-exp…-verschwendungsarten.html) eben bisweilen die Übersicht im ganzen Raum leidet/leiden kann. Ich sehe das in unserem Betrieb, der anerkannt Lean ist - da wird jedoch geschweisst und daneben montiert - alles perfekt sauber.
Dem ganzen Betrieb kann eine 5S Aktion bestimmt nicht schaden (https://de.wikipedia.org/wiki/5S) - ich würde das so oder so allen empfehlen, dies regelmässig zu tun (auch zu Hause...).
Ich habe den Film nur einmal geschaut, meine Interpretation und Meinungen basieren daher auf einem rasch gewonnen Eindruck. Für mehr würde es einen Besuch inkl. Gespräche vor Ort bedürfen - man nennt so etwas dann Audit (https://de.wikipedia.org/wiki/Audit).
Was mir besonders gefällt:
- Die positive Art des Beitrages (man könnte auch Modellbahner als "Spinner" und "irgendwie beschränkte Randgruppe" oder sonst wie verunglimpft darstellen - es gibt Solches in anderen Filmbeiträgen bzw. Filmen und stellt wohl die Mehrheit an Filmmaterial ausserhalb von Dokumentationen und Eisenbahnromantik dar! Ich lehne dies strickt ab!)
- Die Erzählungen, Kommentare und Beschreibungen von Heinz - das kommt sehr gut rüber, inkl. Stimme und Ausdruck
- Die Endfertigung und Teststrecke
- Das so etwas überhaupt entsteht! Ein solcher Film selbst in Auftrag gegeben, und von den richtigen Profis produziert, kostet ein Vermögen!
Was mir nicht so gefällt:
- Die Anlage, die am Schluss gezeigt wird - diese passt nun gar nicht zu den HAG Modellen - allerdings kenne ich den Hintergrund der Anlage nicht, auch nicht wieso gerade diese gezeigt wurde. Die "nackte" Ausstellungsanlage hätte eine bessere Falle gemacht
- Dass - ausserhalb des Filmbeitrages - immer noch und immer wieder über Qualitätsprobleme bzw. Probleme am fertigen Produkt berichtet wird. Um diese richtig bzw. Vollständig einordnen zu können, würde es jedoch Zahlen bedürfen. Ich gehe davon aus, dass immer noch die Mehrzahl der Käufer mit den Produkten zufrieden ist und es auch genug davon gibt.
Allgemein
- Allerdings ist es halt immer noch so, dass die Qualität jeder für sich beurteilen muss (Qualität = Erfüllung von Anforderungen). Für den Einen stimmt etwas oder ist tolerierbar, für den Anderen ganz und gar nicht.
- Ich habe eine Lok erhalten, die meine Anforderungen und auch meine persönlichen speziellen Anforderungen bestens erfüllt.
- Ich wünschte mir, dass es weniger eine "Zitterpartie" wäre, ob denn die Ae 6/6 richtig kommen - da gäbe es schon noch Möglichkeiten, dies im Ansatz zu vermeiden.
Trotz aller gerade wieder aktuelle und zum Teil auch hohe Wellen schlagenden Kritik - ich glaube nach wie vor an HAG.