110 - 240 Volt auf seiner Modellbahn ca 1904 bis 1927
Durchaus gefährliches erhöhtes Restrisiko-Potential beinhalten die Apparate aus den Pionierzeiten der elektrischen Modelleisenbahn: jede Menge stromführende Stifte und Kontakte, erstaunlich viel Asbest-Isolierung und wörtlich jede Menge heisse Teile, (man kann dabei erschrecken und eine unbedarfte Reflexbewegung ausführen und dabei stromführende Teile versehentlich berühren und schon trifft einem ein Schlag. Aus eigener Erfahrung: diese Technik funktioniert dermassen anderst, es gibt keine galvanische Trennung(!!) bei diesen 120 jährigen Lampenvorschaltgeräten kann man sich nicht darauf verlassen, dass in jedem Fall die FI-Schutzsicherung anspricht! Am Gleis mit 110 - 240 Volt spricht in der Regel die FI-Sicherung an, da diese eine Differenz feststellen kann. Aber am Vorschaltwiderstand kommt es darauf an, wo genau man zufällig hinfasst: ist die Person isoliert und der stromführende Kontakt ebenfalls, zwickt es einem die volle Stromladung, ohne dass die FI Sicherung darauf anspricht. (Aber ich gehe davon aus, dass nach 120 Jahren und seit 97 Jahren ein Verkaufsverbot besteht, niemand mehr das MoBa-Forum um Rat fragt, wie er seine Modellbahn anschliessen müsse? oder ob man seine 110-240 V Lok auf Digital umrüsten könne, welcher Decoder dazu geeignet seien? Die paar wenige Spinner, welche heute noch aus reiner Nostalgie diese veraltete Technik ausprobieren, wissen um das erhöhte Restrisiko.
Nicht ohne Grund ist der Verkauf von (Märklin) Vorschaltwiderständen für 110 - 240 Volt, welche die Funktion eines Trafos erfüllen, ohne im technischen Sinne ein Trafo zu sein, seit 1927 verboten! Man hat unter gewissen Umständen, die ganze Spannung von 240 Volt auf seiner ganzen Anlage! Mal abgesehen davon, dass die Dämpfe welche durch die Asbest-Isolierung durchdringen, ganz bestimmt auch nicht gesund sind und sich brennen an sehr heissen Lampen, auch kein Wohlfühlfaktor. Es kommt auch noch ein technischer Faktor dazu: für soviel Volt sind die Elektromotoren und Vorschaltgeräte erstaunlich schwach. Die damaligen elektrischen Modellbahn-Installationen erzeugen primär nur Wärme statt Leistung. Der Auslauf dieser 110-240 V Züge mit dieser Technik auch heute noch mindestens ebenbürtig. Aber die Laufruhe und Zugkraft: nicht ansatzweise einer IIm KISS Ge 4/4 I mit Bj. 2023 ebenbürtig.
Trotzdem, diese schwache Märklin "Starkstrom" Leistung war ab 1904 ein grosser Fortschritt. 1905 hatte das Muotathal, der Jura, das Walliser Val d`Hérens weder einen Stromanschluss, noch die Bevölkerung das Geld für eine Modellbahn für seine Kinder. Eine Starkstrom Modellbahn konnten sich in der Schweiz vorerst nur wenige Familien in den grösseren Städten leisten. Und auch diese wohlhabenden Städter hatten kaum einen Raum für eine dauerhafte Modellbahn zur Verfügung. Und es ist dennoch bemerkenswert, dass z.B. Bing wie Märklin vollständige Katalog Angebote offerierten, es gab ALLES im Modell, was auch beim Vorbild 1:1 vorhanden war, selbst Metzgereien, Verladestationen, Zollhäuser waren im Angebot und konnten theoretisch erworben werden.
Heute ist es genau umgekehrt: es gab früher viel mehr Modelle von Vorbildern, welche heute nicht mehr existieren. Telefonkabinen sind schon lange weitgehend verschwunden, sogar in Rumänien eine Rarität. Auch die Billettschalter am Bahnhof gibt es bald nur noch als Modell. Jedenfalls die Kataloge waren voller schöner Sachen, aber der Hauptumsatz wurde mit ganz einfachen Anfangspackungen erreicht. Heute ist die Modellbahn ein Hobby, über das ganze Jahr verteilt und einfache Anfangsset gibt es zwar noch, sie haben jedoch nicht mehr den gleichen Stellenwert, wie zu früheren Epochen.
Gruss
Hermann