In Zürich durchzogen einst zahlreiche Gleise die ehemaligen Industrie- und Gewerbegebiete. So auch in Altstetten, südlich des riesigen Bahnhofvorfelds des Hauptbahnhofs.
Beginnen wir am jetzigen Ende: Beim ehemaligen Zollfreilager. Als dieses Areal vor einigen Jahren neu überbaut wurde, endete wohl der aktive Verkehr des Industriegleises. Eine der letzten von mir noch selbst erlebten Aktivitäten war der Abtransport des Aushubs per Bahn. Ob das Gleis ganz früher noch weiterführte, weiss ich aber nicht.

Von dort aus führt unser Gleis der Flurstrasse, im rechten Winkel auf das Bahnhofs-Gleisfeld zu. Folgen wir ihm:
Entlang der Flurstrasse waren früher mehrere Betriebe angesiedelt, die von der Bahn profitierten. Einige Abzweige führten parallel zum Hauptgleis. So wie dieses:

Bei der ‚Terrasse‘ handelt es sich um nichts anderes, als um zwei alte Flachwagen, die vor der Rampe des genannten Betriebs stehengelassen wurden.

Gegen wir weiter. Links zweigt ein Gleis in ein Areal ab, das wir uns etwas näher anschauen wollen:


Moment mal! Was steht denn da? Wurde dieses schmucke Fahrzeug etwa auch auf diesem Gleis abgestellt?
Keine Angst: nein. Erst mal muss man wissen, dass sich linker Hand dieses Bilds ein VBZ-Tramdepot befindet (das linke Gleis des sich weiter verzweigenden Anschlusses bediente ebendieses Areal).
Gehen wir etwas näher heran:

Von hier aus (durch den Maschendrahtzaun fotografiert) sieht man mehr: vorne das linke Normalspurgleis. Der Triebwagen steht jedoch aufgeschemelt auf dem Meterspurgleis des Tramnetzes. Im Gebäude im Hintergrund befindet sich unter anderem die Leitzentrale der VBZ…. Aber viel mehr interessiert euch vielleicht der Triebwagen? Nun, es handelt sich um einen der beiden kürzlich ersetzten und ausrangierten Triebwagen der Dolderbahn. Über sein Schicksal weiss ich aber nichts.
Doch kehren wir doch an die Flurstrasse zurück und folgen unserem Gleis:

Beim Medienhaus von Ringier zweigt wieder ein Anschluss ab. Diesmal in die andere Richtung (ich fotografierte zurück, von da, wo ich herkam):

Immer wieder begegnet man dezenten Hinweisen, dass das Industriegleises nicht mehr benutzt wird. So sind die Rillen des Abzweigers mit Asphalt ausgegossen.

Manchmal kann man auch deutlichere Zeichen erkennen….
Schliesslich kreuzt unser Gleis die vielbefahrene Badenerstrasse - und damit auch eine Tramlinie:

Dass der Betrieb micht schon vor Urzeiten eingestellt wurde kann man auch dadurch ersehen, dass modernere Gebäude noch einen Anschluss erhalten haben. Zum Beispiel hier, Höhe Baslerstrasse:

Allerdings wurde die ehemalige Durchfahrt inzwischen zugebaut und ins Gebäude integriert. Hier noch der dazugehörige Abzweig (wieder mit Blick zurück, Richtung Zollreilager)

Wir nähern uns nun der Hohlstrasse, die parallel zum Gleiswirrwarr des HB führt. Zwischen Hohlstrasse und den Gleisen gehört alles den SBB (dort befindet sich unter anderem auch die Hauptwerkstätte Zürich). In den letzten Jahren wurden sukszessive alle Gewerbebetriebe abgebrochen und stattdessen heimelige Hochhäuser in Zubetonierarchitektur hingeklotzt. Eines davon, lieferte den Grund für diesen Beitrag:

Dieses elegante Häuschen im Zürcher Heimatstil entsteht nämlich genau auf unserem schlafenden Industriegleis. Auf dieser Bastelle hatte ich schon dienstlich we gen Diebstahl von Werkzeugmaschinen zu tun. (Also wie auf jeder Baustelle). Wo einst das Industriegleis abzweigte, wüteten Bagger im Loch herum. Was nichts anderes vermuten lässt, dass nun tatsächlich nie mehr ein Zug durch die Flurstrasse fahren würde….

Hier, der Gleisstumpen über die Hohlstrasse und…

… das unterbrochene Gleisende an der Grenze zur Baustelle.
ENDE
Doch, es kommt noch was: Als ich letzthin durch die Hohlstrasse fuhr sah ich auf dem Baustellenareal gestapelte Gleise.
Als ich mir die Sache wiederum einige Tage später genauer anschaute, traute ich meinen Augen kaum. Ich erblickte folgende Szenerie:

Als der Neubau eingerüstet war, fiel mir der Durchgang nicht auf. Auch wenn, nie hätte ich vermutet, dass er dafür vorgesehen ist.
Nun denn, unser Gleis schläft zwar, aber es ist noch nicht tot, wie ich gemutmasst hatte, als die Bagger kamen