Gestern Abend bestieg ich um 22:45 die S24 in Horgen Oberdorf Richtung Zürich Oerlikon. Beim Einsteigen grüssten drei Kontrolleure ausserordentlich höflich. Kurz nach dem der Zug sich in Bewegung setzte kam einer der Kontrolleure auf mich zu und fragte dem nach Billett, kein Problem, ist alles vorhanden. Ich habe ihm meinen Netzpass mit Halbtax und dem Anschlussbillett in die Finger gedrückt. Die obligate Frage, sie fahren von Horgen Oberdorf nach? Zürich Wiedikon, aha, ja, das Anschlussbillett murmelte er und fing sogleich an auf seinem Erfassungsgerät zu tippen. Danach beschäftigte er sich mit dem Netzpass, das Anschlussbillett bis Kilchberg, dann der Netzpass und wieder suchte und tippte er in seinem Gerät, sichtlich gefordert. Bis Zürich Wiedikon, richtig? Ja, immer noch, entgegnete ich. Sie kennen sich mit den Zonen nicht so richtig aus war meine Frage. Ja, meinte der Kontrolleur, ich bin sonst zur Hauptsache im Raum Luzern unterwegs. Schön, sogar die Profis scheinen ihre liebe Mühe mit den äusserst individuellen Regelungen der verschiedenen Vehrkersverbunde zu haben, eigentlich beruhigend. Irgendwann hatte er seine Daten zusammen und er verabschiedete sich höflich.
Richtig, in dieser langen Einleitung geht es nicht um das Schwarzfahren, gehört aber als Einstieg dazu.
Bis Thalwil war der Zug fast leer, danach füllte er sich mit jungen Nachschwärmern. Zwei mit Baseball Caps betraten den Wagen, oh Mann, hey hast du gesehen Kontrolleure, wir gehen nach vorne durch und weg waren sie. Dann die nächsten zwei, einer ebenfalls mit Baseball Cap, allerdings verkehrt herum und mit einer langen Haartolle vorne herausschauend, soll wohl modern sein, meint er. Erinnert mich an die Thompson Twins und das war bereits anno 1984. Dieser hatte offensichtlich kein Billett, dafür einen Kollegen dabei der ihm laufend Tipps gab in welche Richtung er sich im Zug bewegen soll um der Kontrolle zu entwischen. Die Taktik für die ersten beiden Station war jeweils, Auskundschaften wo sich die Kontrolleure aktuell befinden, danach mal nach oben, nach unten, nach vorne und nach hinten. An den Stationen immer wieder den Wagen wechseln. Irgenwann schien es etwas brenzliger zu werden, der hilfreiche Kollege, geh nach hinten zum WC, dann dort die Treppe rauf und wieder nach vorne, das Baseball Cap tragende Efeu schaute verständnislos in Richtung Kollege, hä, was muss ich machen, der Kollege wiederholte das bereits gesagte Wort für Wort und mit den Händen gestikulierend. Das Efeu begriff immer noch nichts, der Kollege schon leicht genervt, hey vergiss es, einfach bei der nächsten Station raus und in einem anderen Wagen rein. Als ich in Wiedikon den Zug verliess kam das Efeu aus dem hinteren Wagen entgegen und stieg im Vorderen, kurz bevor die Türen endgültig und unwiderruflich schlossen, wieder ein. Vermutlich hat er es dann auch noch bis Zürich geschafft, der Kontrolle zu entwischen. Der Puls dürfte sich mittlerweile am oberen Anschlag befunden haben, vielleicht braucht es das für den Einstieg in den Ausgang? Die Fahrt von Horgen Oberdorf bis Zürich ist nun wirklich nicht teuer, ob sich dieser, auch für den Jugendlichen, riesiger Stress lohnt, muss er wissen, mir wäre das schlicht zu anstrengend und blöd.
Für mich war es auf jeden Fall eine gratis Belustigung auf meinem Weg nach Hause.