Vor wenigen Tagen erhielt ich von meinem Cousin Urs eine Mail, dass mein Mofa, ein ASB von 1953, fertig restauriert sei. Das heisst: mein Mofa war es, bevor ich es meinem Cousin schenkte. Aber von vorn:
Ich selber hatte das Mofa vor Urzeiten - es dürften um die 30 Jahre her sein -in Dietikon, in einem Brockenhaus gekauft. Das Brockenhaus gibt' schon lange nicht mehr, das Mofa erlebt dagegen jetzt seinen dritten Frühling. Ich hatte das Teil nach meinem Kauf neu lackiert und mich genau an das Original gehalten. Nach der Restauration fuhr ich einige Zeit regelmässig damit. Es war damals bereits ein Oldtimer und erregte bei den Puch-Maxi-Fahrern reges erstaunen. Das lag auch daran, dass das Ding lief wie der Teufel. 40km/h lagen ohne weiteres drin. Dies, ganz ohne frisieren des Motors. Bei diesem handelte es sich um einen ganz normalen Sachs-Motor, wie ihn jedes andere Mofa mit 30km/h Höchstgeschwindigkeit auch hatte. Der Trick für die höhere Geschwindigkeit lag an den grossen Rädern, was allerdings zu Lasten der Kraft ging. Dann geriet mein Mofa in meinem Keller in Vergessenheit.
Bis vor einigen Wochen Urs zu Besuch kam. Ich wusste, dass er bereits mehrere Mofas restauriert hatte und hatte Bilder davon gesehen. Daher ahnte ich voraus, dass mein ASB bei ihm in die richtigen Hände gelangen würde.
Heute nun, besuchten Madi und ich die Familie meines Cousins, um das revidierte Motorfahrrad in Augenschein zu nehmen. Bei dieser Gelegenheit würden wir ja auch noch seine weiteren Fahrzeuge bestaunen können. Als er mir den ASB (was die Buchstaben bedeuten, kann im Kasten der einen Foto nachgelesen werden) präsentierte, erkannte ich ihn erst gar nicht wieder: Urs hatte sich die Freiheit genommen, in Farbe und Zierstreifen vom Original abzuweichen, was den Charakter des ehemals hell-dunkelgrün lackierten Vehikels völlig veränderte. Zusammen mit den wunderschönen Weisswandreifen, einem Weidenkorb und kleinen Zurüstspielereien wie Kühlerfigur in Form einer Flagge oder Rahmenschutz aus Chrom stand es herausgeputzt in der zum Mofa-Museum mutierten Scheune. Aber genug gequasselt. Hier die Bilder:
So sah der ASB ursprünglich aus:
und so präsentiert sich der 'Schulz und Beckmann' heute:
Zur Restauration ist zu sagen, dass die jüngere Tochter meines Cousins tüchtig mitarbeitete, So putzte sie die verstaubten und verdreckten Teile, bis sie wieder glänzten. Was vor dreissig Jahren noch undenkbar war, nämlich auf simple Weise zu neuen Ersatzteilen zu kommen, konnte durch Internet elegant gelöst werden. So konnte zum Beispiel der leicht angerostete Auspuff mit höchst antiquierten Aussehen problemlos ersetzt werden: das skurile Teil wird mittlerweile wieder nachgefertigt.
Während ich die feinen Zierlinien bei meiner ersten Restauration noch aufmalte, fertigte Urs die Filets mittels entsprechenden Klebestreifen an. Als Grafiker verfügt er über die nötigen Fertigkeiten und Kontakte. Es fällt auf, dass er sich nicht an die Originalvorlage hielt und zusätzliche Linien und Streifen anbrachte. Puristen sei gesagt, dass man die geklebten Zusatzstreifen jederzeit wieder abgezogen werden könnten. Und schick sieht das Mofa dadurch ja schon aus.
Hier zeige ich euch noch Bilder von seinen übrigen Werken. Auch hier liess Urs seiner Fantasie freien Lauf. Derart bunt und ausgestattet dürfte keines der Mofas ausgeliefert worden sein...
...für das Restaurieren dieser vier Mofas, die er teilweise in einem erbarmungswürdigen Zustand erwarb, musste mein Cousin da und dort Ersatzteile auftreiben. Oftmals wurde der wertvolle Schrott nicht allein feilgeboten, sondern enthielt noch weitere Töffli-Teile. So kam es, dass Urs einerseits über 4 wunderschön restaurierte Mofas verfügte, anderseits über einen Haufen übrig gebliebene Einzel- und Schrottteile. Dieses Alteisenlager weckte den Unmut seiner Frau, die seinem Göttergatten klarmachte, dass das Altmetall gelegentlich zu verschwinden hätte. Bei Betrachtung der Reste, kam dann mein Cousin zum Schluss, dass man damit ein weiteres Mofa zusammenbauen könnte.... Und so entstand dann dieses Unikat:
Zusammengesetzt aus Teilen aller möglichen Fabrikaten stieg dieses Gefährt wie der Phoenix aus der Asche. Und da diesem Mofa keine Markenbezeichnung zugeordnet werden konnte, verfuhr er dabei wie alle Fahrzeugbauer der ersten Stunde und taufte es ganz einfach 'Walther' - so heisst er nämlich . Im Schalk fügte er noch die Zusatzbezeichnung 'Limited edition' hinzu, was bei einem Einzelstück sicherlich nicht übertrieben erscheint....
Ach ja: natürlich stand auch ein kleiner Ausflug mit zwei der Mofas auf dem Programm. Da Madi in ihrem Leben noch nie ein motorisiertes Zweirad pilotierte, feierte sie heute ihre Premiere. Als Erleichterung erhielt sie die Caravelle mit dem automatischen 'Saxonette'-Getriebe. Und ich durfte wieder mal in meine Jugendzeit zurückkehren und schaltete mich wacker durch die zwei Gänge. Die Bremsen hatte ich allerdings als einiges besser in Erinnerung. Der Rücktritt verzögerte zwar ganz ordentlich, die Vorderbremse taugte aber nur zum Erzeugen quietschender und knarzender Geräusche... naja... irgendwie kam ich trotz steiler Talfahrt doch wieder zum Stillstand. Vergessen hatte ich auch, dass die Dinger bergab, bei hochtourigem Betrieb vibrieren wie die Sau... mein Hintern war jedenfalls nachhaltig massiert.
Urs, ich danke Dir für das tolle Retro-Erlebnis: es hat unheimlich Spass gemacht!