Speziell im 3D Druck von Kunststoffen bin ich noch immer sehr skeptisch gegenüber der Langzeitstabilität. Die Filamente sind sicher professionell hergestellt, was der Nutzer nacher daraus macht, steht in einem anderen Buch. Man kann unendlich viele Dinge falsch machen und die Ungenauigkeiten der Maschinen tragen das ihre dazu bei. Hier geht es allerdings nicht um den 3D Druck.
Die längste Zeit meines Lebens kannte ich Kunststoffe in Form von Spritzgussteilen und in meiner Werkstatttätigkeit als Rundstäbe, Rohre und Platten, die mittels Fräsen, Bohren und Drehen in die gewünschte Form gebracht wurden. Dazu noch eine grosse Vielfalt an Klebstoffen.
Aus meiner langen Berufserfahrung musste ich leider zu oft erfahren, dass Kunstoffe häufig, wenn sie älter sind, der Grund für technisches Versagen von Bauteilen sind. Sie verspröden mit dem Alter, zersetzen sich unter Einfluss von Öl und UV-Licht und vieles mehr. Kunststoffe sind meist komplexe Gebilde die auf chemischem Weg entstanden sind. Sie zersetzen sich über die Jahre von selbst oder die Eigenschaften verschlechtern sich laufend.
Hier will ich ein Beispiel aufzeigen, das gepaart mit einer schlechten Konstruktionsweise immer wieder zum Bauteilversagen führte. Langzeiterfahrung habe ich definitiv damit, mittlerweile 38 Jahre. Wer Schuld am ganzen ist, weiss ich sehr exakt, ich selber.
Das Bauteil ist eine Feder eines Plattenspielers den ich selber konstruierte und baute. Die Variante die Feder zu kleben, habe ich gewählt da ich damals dem Kleben und den Kunststoffen mehr vertraute als heute und vor allem weil es viel einfacher umsetzbar ist als eine Verbindung mit mechanischen Elementen. Wichtig zu wissen ist, das alles war 1985, ich hatte viel weniger Erfahrung als heute und es gab kein Internet in dem alles nachgeschlagen werden konnte. Die Bibel für technische Erzeugnis war damals der "Wer liefert was" Katalog und Werbung in Fachzeitschriften.
Als Klebstoff wählte ich den damals üblichen blauen Araldite. Alle Federn wurden anfänglich damit geklebt und im Ofen ausgehärtet. Die Oberflächen wurden mit grobem Schleiftuch angeschliffen und sauber gereinigt. Die Bedingungen für die Verklebung waren soweit in Ordnung und entsprachen dem damaligen technischen Stand. Es verging nicht so viel Zeit, bis die erste Feder aus dem Verbindungsteil gerissen wurden, da die Klebestelle versagte, sie ist konstruktionsbedingt unter dauernder Zugkraft. Nicht wahnsinnig viel, etwa 7kg werden es sein. Die abgerissene Klebeverbindung ist unten zu sehen.
Wobei das eigentlich das schlechteste Beispiel ist. Diese Verbindung hat etwa 38 Jahre gehalten. Mein Anspruch war, bis an mein Lebensende. Damals als mehr als 60 Jahre.
Die meisten Klebeverbindungen sind ein bis zweimal neu verklebt worden. Irgendwann kam ich auf die Idee in der Mitte des Bauteiles eine Stiftschraube zu setzen um zusätzliche Haftfläche zu erhalten. Das hat sich soweit recht gut bewährt und versagte soweit ich mich erinnere nur einmal. Dort war die Klebstoffmischung nicht gut, kann beim anmischen von Hand passieren. Das Teil auf dem Foto hat nun eine verbesserte Variante der zusätzlichen Verankerung erhalten. Es wurde eine Senkkopfschraube eingedreht. Damit habe ich die Hoffnung, einerseits geht nicht die ganze Last auf die flache Klebefläche und selbst wenn sich die Verklebung nochmals lösen sollte, ist sie noch im Schraubenkopf verankert. Ob der Klebstoff das festigkeitsmässig mitmacht, steht in einem anderen Buch.
Der blaue Araldit kam schon lange nicht mehr Zug. Ich wechselte auf eine Variante mit einer leicht rosa Farbe die höhere Festigkeit versprach. Später wechselte ich auf Klebstoffe von Ergo. Bei dieser Reparatur kam der Ergo 7430 zum Einsatz. Heute haben diese Klebstoffe den Vorteil, dass sie auf sehr einfach Weise sicher korrekt gemischt werden können, da sie über Mischrohre verfügen. Die ungenaueren Mischungen meiner Araldite Verklebungen haben sicher das ihre dazu beigetragen, dass es zum Versagen der Klebestelle kam.
Der Klebstoff ist zähflüssig und fliesst nicht so schön wie der etwas viskosere blaue Araldite.
Feder aufgesetzt und um den Klebstoff gut zu verteilen, mehrfach um seine Achse gedreht.
Jetzt muss der Klebstoff noch bis Mittwoch trocknen, dann habe ich die 96 Stunden Aushärtezeit für die optimale Endfestigkeit erreicht. Danach die Feder wieder montieren und hoffen, dass sie an dieser Stelle nie mehr reisst.
Ein bisschen viel Brimborium um eine Verhälnismässig einfache Reparatur. Sie soll aufzeigen, dass wenn man gewisse Dinge nicht berechnet und oder nicht in der Lage ist die Berechnungen anzustellen, gepaart mit einer nicht optimalen Konstruktion zum konsequenten Versagen von Bauteilen führen kann. Es in diesem Fall immer wieder in mehr oder weniger grossen Zeitabständen passiert. Es gibt immer noch originale Araldite Verklebungen ohne zusätzliche Stiftschraube. Grundsätzlich war die gewählte Lösung bei optimaler technischer Ausführung nicht so schlecht, mir reichte die Zuverlässigkeit nicht.