Führerloser Zug auf der Simplon Südrampe

  • Von hier stammt dieser Beitrag. Es ist übrigens nicht verboten ein neues Thema zu anderen Ereignissen zu eröffnen, im Gegenteil es ist sogar erwünscht um ein gewisses Mass an Ordnung und Struktur im Form zu haben.


    Euer Admin


    Entlaufener Güterzug auf der Simplon - Strecke:

    Und es betrifft zwar nicht den Gotthard und nicht den Tunnel, sondern die Simplon Strecke südlich vom Tunnel, bereits in Italien, trotzdem unglaublich: Falls es wahr ist und kein Scherz oder Fake-Meldung: es soll vor 2 Tagen ein Lokführer aus der Lok gesprungen sein, bei 60 km/h. Abgebildet ist kein uraltes Krokodil, sondern eine moderne Vectron. Irrtum Vorbehalten, braucht es die Luft bei SBB Zügen nicht zum bremsen, sondern zum unblockiert (weg)fahren. D.h. ist das System nicht dicht, oder ein Wagen ginge verloren, oder die (Brems)Luftschläuche reissen auseinander, dann müsste doch die Luft entweichen und dadurch zwangsweise der Zug gebremst werden?


    Falls die elektrische Bremse nicht das tut was sie sollte, oder gar die Fahrstufen "klemmen" und die Lok beschleunigt statt bremst, so wird es nicht gewesen, dann wären es talwärts fahrend, weit mehr als 60 km/h Tempo gewesen sein. Dann müsste doch so oder so eine Notabschaltung möglich sein, dass die Lok wenigstens neutral ist und der ganze Zug durch die Luftbremse gebremst werden kann? Bei einem langen Güterzug sind schnell mal 2000 t Anhängelast oder mehr erreicht, dann sind die ca 84 t Lokgewicht nicht mehr sooo massgebend.


    Jedenfalls bis ein Lokführer aus seiner Lok springt, so spontan scheint es ja nicht gewesen zu sein, er hat ja Kontakt mit Domodossola aufgenommen und der Vorfall gemeldet, da muss schon ordentlich was schief gelaufen sein. Bei 60 km/h hatte er ja nicht Wasser unter sich oder eine Wiese, geschweige eine Judo oder Aikido Matte unter sich, wahrscheinlich trifft es eine Person welche aus dem Zug springt, noch auf das Schotterbeet, eine denkbar ungünstige harte Unterlage.


    Der Zug soll noch 15 Km(!) als Geisterzug weiter gefahren sein?!? Welche externe Bremssysteme hat eine Bahn? in so kurzer Zeit! mir kommen da nur Bremsen in den Sinn, wie sie bei grösseren Rangierbahnhöfen teilweise vorhanden sind. Weiss nicht, ob sich dies auch für entlaufene Streckenzüge eignet? Oder ist gar eine schwere FS Lok entgegen gefahren und dann mit 59,5 km/h Richtung Süden fahrendend, den 60 km/h Zug abgefangen haben?


    Oder hat der Lokführer die Situation falsch eingeschätzt und hätte gar nicht aus seiner Lok springen sollen und müssen? Jedenfalls der Lokführer wurde bei seinem Sprung verletzt, was nicht verwundert, bei 60 km/h auf Schotter zu springen. Ansonsten soll nichts passiert sein, er Zug donnerte in nichts hinein und entgleiste nicht. Trotzdem das hört sich reichlich gefährlich...


    Gruss

    Hermann

    Analog ist cool:)

    Einmal editiert, zuletzt von Longimanus ()

  • Hallo Hermann

    Nicht nur bei der SBB, sondern in ziemlich weiten Teilen in Europa ist es auf dem Normalspurnetz so, dass wir das 3-Druck-Prinzip der Indirekten Bremse haben. Diese Bremse ist nahezu erschöpfungsfrei und zu einem gewissen Teil regulierbar. Dabei sprechen wir von Loksteuerventilen in der Lok und Wagensteuerventil in den Wagen. Ob nun eine Lok aus 1940 vorne dranhängt oder eine Lok aus 2023 spielt dabei keine so grosse Rolle, das Grundprinzip bleibt dasselbe. Die Hauptleitung wird verbunden, diese wird auf 5bar Druck gefüllt und die Bremssysteme (Vorratsluftbehälter, Hilfsluftbehälter etc. gefüllt) so bald alle Systeme gefüllt sind gilt die Bremse als Betriebsbereit und kann von der Lok aus mittels dem Führerbremsventil angesteuert werden und somit auch geprüft werden. Nun gibt es die Betriebsbremsung, diese ist von 4.9bar HL druck bis hinunter auf 3.6 bar Druck, in diesem Bereich kann der Lokführer die Bremse regulieren. Jedoch benötig die erste Bremsung je nach Bauart der Bremsen (Kunststoffsohlen, Graugussklötze, Scheibenbremsen etc.) eine gewisse Absenkung z.B. von 0.4bar damit die Wagensteuerventile die Druckabsenkung wahrnehmen und von lösen auf Bremsen umstellen. Beim Erreichen einer Absenkung von 1.5 bar sprich 3.5bar Druck ist die volle Bremskraft der pneumatischen Bremse erreicht. Alles, was nun noch erreicht werden kann ist eine schnellere Durchschlagskraft, um die Zeit zu minimieren, bis die hintersten Wagen merken, ah die Hauptleitung senkt sich ab. Klar wir sprechen hier von Sekunden, die können aber sehr wohl Match entscheidend sein. Ist nun ein Zug vorhanden, welcher z.B. Zusatzbremsmitte hat Magnetschienenbremse als Beispiel, dann folgen die je nach Fahrzeug bei einem HL-Druck von 2.5bar. Da gäbe es dann auch noch Traktoren oder z.B. die Re 460 welche eine Nachbremse besitzen, die bremsen nur dann pneumatisch, wenn der Druck soweit Sinkt, dass die Nachbremse anspricht, dies ist rein dazu gedacht, dass die Lok bei einer Zugstrennung bremst. Ich habe dies nun mal oberflächig erklärt, bei Interesse auf die BAV-Seite gehen, das FDV herunterladen und im Kapitel 14 die einzelnen Bremsen durcharbeiten und die dazugehörigen Schemas im Anhang anschauen, da wird es dann im Detail erklärt.


    Zum entlaufenen Zug kann ich dir so viel sagen, es ist kein Fake, es gibt Überwachungsaufnahmen und Berichte auch Intern gibt es zu diesem Fall. Was sicherlich falsch wäre, aktuell darüber zu urteilen, ob der LF falsch gehandelt hat... es gibt kein scheusslicheres Gefühl als in einem Stahlkoloss zu sitzen der nicht bremst. Daher möchte ich eher einen anderen Blickwinkel auf das Ganze aufzeigen aber sicherlich nicht darüber mutmassen was den passiert sein könnte, da warte ich wie andere auch auf den SUST-Unfalluntersuchungsbericht.


    Folgende Fakten sind öffentlich bekannt:

    - Der Lokführer sprang bei ca. 60 km/h aus dem Zug und zog sich mittelschwere Verletzungen zu.

    - Der Zug war rund 500t schwer und startete als Nachläufer in Brig und bestand aus vier Doppeltragwagen.

    - Die Strecke Brig - Domodossola hat vorwiegend noch Personal vor Ort, welches der LF verständigt hat.

    - Infrastrukturseitig gab es keine Bremssysteme, das wäre Zufall gewesen. Man hat dem Zug freie Bahn gewährt und hat ihn im Güterbahnhof Domo II ins längst mögliche Gleis geschickt, da konnte er auslaufen und hielt rund 5-10m vor dem Prellbock an.


    Nun wie wird ein solcher Zug gebremst?

    Im Grundsatz bremst die Lok mit der elektrischen Bremse so viel kN wie erlaubt, der Rest wird mittels der oben erwähnten indirekten Bremse gemacht, welche in diesem Fall nur auf die Wagen wirkt, da die Lok ausgelöst ist und elektrisch bremst. Fällt nun aufgrund eines technischen Defektes die elektrische Bremse aus, kann wenn nötig dies via der Luftbremse der Lok kompensiert werden, indem man diese mitbremsen lässt. Im Falle einer Zwangs- oder Schnellbremsung kommt es ein wenig auf den Loktyp drauf an, ob die Lok die E-Bremse abschaltet und pneumatisch bremst oder ob die Lok mit der E-Bremse weiter bremst. Gerade bei modernen Loks ist die E-Bremse einiges effektiver als die pneumatische Bremse. Wird eine Notbremsung via Stop "Pilz) ausgelöst, ähnlich einer Fräsmaschine oder sonst einer Maschine, wird die E-Bremse abgeschaltet, der Hauptschalter ausgeschaltet, der Stromabnehmer gesenkt, die Hauptleitung entleert und der ganze Zug bremst.


    Jetzt fragst du dich sicherlich, wie kann es denn passieren, dass der Zug eine Bremsstörung hat, bzw. nicht bremsen kann. Nun bei der Zugvorbereitung muss eine Bremsprobe gemacht werden, je nach Situation eine Hauptbremsprobe, eine Zusatzbremsprobe oder eine vereinfachte Bremsprobe. Nun ganz wichtig, das folgende Beispiel soll keine Mutmassung sein, sondern eine mögliche Ursache, gestützt auf den damaligen Untersuchungsergebnissen aus dem BLS-Unfall "Dürenast" sowie den eigenen Erfahrungen. Fährt man nun mit der Lok an den Zug an, es muss schnell gehen, beim Kuppeln wird vergessen die Hauptleitung zu kuppeln bzw. die Hähne zu öffnen, dann kann es sein, dass die Anhängelast ungebremst ist. Nun eigentlich müsste diese ja gebremst sein, ja dem ist so es gibt da jedoch diverse Sachen die schief gehen können, als Beispiel:

    - Die Wagen haben undichte Bremszylinder und stehen lange, dann hat man zwar 0bar, aber der Bremsdruck nimmt ab, somit stehen die Wagen irgendwann ungebremst da. Bei Wagengruppen unwahrscheinlich, dass gerade alle dasselbe Problem haben, aber die Ursache, wieso ein Zug mit Luftunabhängigen Bremsmitteln gesichert werden muss.

    - Die Wagen werden vorgängig ohne Luft verschoben, dann hat man die Variante die Wagen pneumatisch auszulösen, die Wagen sind dann lose und werden mittels Handbremse gesichert.

    - Die Wagen sind überbremst, z.B. Zug wird von einer Streckenlok gebracht, deren Hauptleitung beträgt 5.3bar, was zu hoch ist, dann ist 5.3bar der neue Ausgangsdruck, nun kommt eine Rangierlok, welche gerade 5bar HL-Druck hinbringt, dann sind die Wagen immer 0.3bar gebremst. Dafür gibt es dann sogenannte Niederdrucküberladungen und Füllstösse, das ist aber ein anderes Thema. Hat man diese Variante nicht oder kein Erfolg, werden die Wagen ausgezupft um so gesehen ein Niveau Ausgleich zu erreichen, so ähnlich damals bei der BLS geschehen.


    Nun alle drei Punkte können hart gesagt tödlich enden, denn alle drei Punkte verlangen eine saubere Bremsprobe und geöffnete HL-Hähne, fährt man an, Kuppelt, öffnet die Hähne nicht und löst die Handbremse ist der Zug lose und kann abfahren. Dann folgt eine Bremsprobe auf Wirkung, geht diese auch vergessen oder wird zu spät gemacht, hat man nur noch die elektrische Bremse bzw. die Bremse des Triebfahrzeuges. Nun was kann da geschehen?

    - Mit der elektrischen Bremse sollten die 1300t gerade mit einem Vectron am Simplon gehalten werden können, versagt diese oder ist diese zu schwach, möchte der LF den Zug anbremsen und merkt, scheisse geht nicht... brenzlig aber noch nicht tödlich.

    - Was aber wenn nun genau die E-Bremse noch versagt, z.B. Spannungsausfall oder tech. defekt am Triebfahrzeug, dann hat man 84t der Lok, mit einem Bremsgewicht von um die 105t und eine 1300t Anhängelast ungebremst... das wird zur tödlichen Falle.


    Die angesprochene Anzeige über die fehlerhafte Bremse kann zwei Herkünfte haben, zum einen die Anzeige E-Bremse ausgefallen zum anderen gibt es Lok Typen welche eine Plausibilitätsprüfung der Luftbremse durchführen können. Sprich die Lok weiss, wie lange der Zug ist, sie kennt die Durchschlagsgeschwindigkeit der Lok und kann dann sagen, die HL müsste sich von 5bar auf 4.2 bar in 4s absenken (Soll-Wert) sie benötigt 1s (Ist-Wert) und gibt dann eine Störung aus, dass da etwas nicht stimmen kann. Dies ist nichts neues, bei Güterzügen wird auch bei älteren Loks mit analogen Manometern z.B. Re 420/Re 620 eine solche Prüfung durchgeführt. Dabei beobachtet der Lokführer die Absenkgeschwindigkeit der Hauptleitung und vergleicht dies mit seiner Zuglänge, die Erfahrung sagt ihm dann mal passt oder passt nicht.


    Wie gesagt, meine Beispiele sind rein technischer Natur, persönlich sehe ich einen solchen "Fehler" naheliegend, ob und wieso und wer, das ist Sache der SUST. In der Schweiz hatten wir die letzten 25 Jahre sicherlich zwei solcher Unfälle die Schlagzeile gemacht haben, zum einen der Schnellzug, welcher ab Zürich nach St. Gallen fuhr und in Oerlikon auf den Postzug prallte, dies weil nur zwei der 10 oder 12 Wagen bremsten und den BLS-Unfall, als der Bauzug im Dürenast auf die stehenden Baumaschinen aufprallte, da bremste die Anhängelast auch nicht. In beiden Fällen gingen HL-Hähne vergessen zu öffnen.


    Daher ist es gerade in Bezug auf die Bremserei wichtig, man hat gewisse Mechanismen, die einen solchen Unfall verhindern, muss aber eine saubere und Pflichtbewusste Arbeit abliefern, vom Kuppeln über die statische Bremsprobe bis hin zur dynamischen Bremsprobe auf Wirkung. Es sind zwar teilweise mühselige Arbeiten aber ein nicht bremsender Zug wünscht sich kein Lokführer und wer schon einmal mit 5-10 km/h als Rangier oder früher als Passagier auf einen Perron oder Ähnlich abgesprungen ist kann sich nur erahnen wie das mit 60 km/h ist.

    Bahnsinnige Grüsse aus dem schönen Kanton Schwyz
    Michel

    Bahnbilder Michel

    Einmal editiert, zuletzt von lehcim ()

  • Danke Michel für Deine sehr guten, weitreichenden Erklärungen zum Thema Bremsvorgang der Lokomotiven.


    Ja natürlich kann man sich leicht vorstellen, dass der Lokführer nahe bei Panik ist, wenn 84-90t (nur schon Lokgewicht, ohne Zug) und auch noch bergab, nicht das tun, was der Lokführer von der Technik erwartet und darauf angewiesen ist. Dann ist es ein schwacher Trost, dass die Vectron Lok ja auch in der Regel das tut, was sie soll.


    Ich kann mir gut vorstellen, wie man sich in so einem Moment fühlt, nur mit einem Auto, ging es mir mal ähnlich.

    Es ist liegt ca 3 Jahre zurück, ging es mir ähnlich mit der Citroen DS, ganz frisch ab MFK geprüft und von dieser als in 1. klassigem Zustand bewertet. So gut wie dieses Auto auch sein mag, es hat ein Konstruktionsrisiko: der Hydraulikzylinder ist klein, einfach konstruiert und schwer zugänglich. Es ist als Teil konstruiert, welches ziemlich wartungsfrei funktioniert, so lange wie das Auto leben sollte. Eine Materialalterung von aussen nicht feststellbar. Man müsste dieses Teil zerlegt durchröntgen. In Anbetracht seiner Wichtigkeit keine schlechte Idee, aber das macht(e) niemand. Talwärts nach dem Sustenpass, versagte die Hydraulik, man konnte die Bremse bis zum Bodenblech durchdrücken, der Effekt war nur noch ganz schwach. Das Tempo war viel zu hoch, um den 1. Gang herein zu bekommen, ich benutzte beide Spuren der Passtrasse, d.h. auch die Gegenrichtung(!), und konnte mit der Handbremse über insgesamt 2-3 Km das Auto abbremsen. Die Citroen DS Handbremse, (deren Griff) befindet sich links unten, nahe beim Pedale-Bereich und ist einzig als Feststellbremse zum Parken gedacht. Sie ist relativ grob, es war schwierig dass einerseits eine Bremswirkung erzeugt wurde, aber anderseits das Auto nicht in`s Schleudern kam. Einfach fest daran ziehen, würde ich auf einer Passstrasse nicht empfehlen, sonst kommt man ab der Strasse. Jedenfalls es gelang :). Mein Können / Nichtkönnen hat wenig Einfluss, es war einfach Glück, dass zu dem Zeitpunkt gerade niemand für längere Zeit entgegen kam... Und ich nicht so schnell in Panik komme. Aber auch dass ist nur eine Frage vom Mass. Sind die Umstände gar zu ungünstig, kommt irgend wann mal jede noch lebende Person, ohne jede Ausnahme, in Panik oder Kontrollverlust / Lethargie.


    Trotzdem kommen mir zu diesem Bremsversagen von diesem Zug ein paar Gedanken. Einfach welche Möglichkeiten man hat, nicht wer schuld / nicht schuld ist, wer ein Held und wer vielleicht nicht optimal handelte. Da meine ich nicht einzig den Lokführer, sondern es kann ein (bislang unendeckter) Systemfehler, Wartungsfehler, Bedienungsfehler bis Materialermüdung und weiss ich was mehr sein. Sabotage und Terror dürfte bei dem Fall eher nicht in Frage kommen.


    Natürlich will niemand mehr wie beim 100 jährigen Krokodil Ce 6/8 II für nur eine einzige Fahrstufen-Änderung mit einem grossen Handrad eine ganze Umdrehung bewerkstelligen müssen. Aber ich hoffe doch schon, - auch in Bezug zum dereinstigen autonomen Fahren von Automobilen - wenn der Mensch einen Fehler begeht, soll im Jahre 2023 die Technik eingreifen, - aber auch umgekehrt!!! Wenn Digital einen Blackout hat, möge der Mensch unkompliziert und direkt in das System eingreifen dürfen. Ich bestimmt nicht, ich habe und hätte keine Ahnung, aber der berufliche Lokführer schon! Er soll das sollen und auch können dürfen. Angenommen, der oder die Komputer sind abgestürzt und der Zug fährt 15 km weiter und der Lokführer soll von seiner Lok springen ;( ?( im Jahre 2023. Das klang noch plausibler zu Dampflokzeiten 1882 von der D 3/3 oder D 4/4.


    Wenn der Lokführer den Stromabnehmer senkt, geht die elektrische Rekuperationsbremse natürlich nicht mehr. Da war die braune BLS Re 4/4 im Vorteil mit der weniger umweltbewussten, aber stabileren Widerstansbremse welche unabhängig vom Stromnetz, sondern individuell an der Lok funktioniert. Egal ob gerade genügend Strom benötigende Loks in der Nähe aufwärts fuhren oder nicht. Auch wenn aus Strom nur Wärme produziert wird. Das ist im Notfall wohl kaum ein Thema. Ist es zu kompliziert, oder fehlt der Platz, dass der Lokführer beide Möglichkeiten zu Verfügung hätte und wählen könnte?


    Sonstige Möglichkeiten des Lokführers abseits der üblichen Bedienelemente an seinem Führersitz.

    Die bald mal 100 jährige Ae 4/7 (1927-34) ist zu alt für einen Vergleich, aber an der Ae 6/6 1952-66 und auch noch an der Re 6/6 1972-1980 bez. Re 4/4 II 1964 - 1985 hat ein versierter Lokführer allerlei Möglichkeiten, weit mehr als "nur" am Hebel zum Steuerkontroller zu ziehen. Wie weit er - während der Fahrt - Motoren vom Netz trennen kann, darf und will, ohne Stromschlag Risiko zu haben, weiss ich nicht. Aber auch wenn der Fahrschalter zum Steuerkontroller auf + oder gar ++ stehen u. vielleicht blockiert sein sollte, hat die Auslösung vom Hauptschalter die höhere Priorität. Und auch wenn die Luftventil(e) für wenigstens für die Lok, oder das andere übliche Ventil für den ganzen Zug "verstopft" sein sollten, kann er Irrtum vorbehalten, im Maschinenraum Zugriff auf die Luftleitung haben, den Luftdruck senken und somit die Bremse aktivieren.


    Wenn - die eigentlich viel besseren wie auch meist bedienerfreundlicheren - modernen Lokomotiven bei einer Panne nicht anderst reagieren, wie wenn an meinem Komputer ggf ein Programm abstürzt (oder gar ein Virus aktiv wäre) und sich nicht mal mehr herunterfahren lässt, ich hoffe nicht, dass das ein Lokführer hinzunehmen hat? Mit der Begründung, es sei ein seltener Einzelfall...


    Wenn eine grössere Lokserie Tag für Tag europaweit unterwegs ist, - nur eine fahrende Lok mit beladenem Güterzug verdient Geld - dann sind statistisch und somit dann und wann real, auch seltene Vorfälle nicht mehr sooo selten bez. auszuschliessen.


    Zum Glück hatte der Lokführer Glück im Unglück und überlebte den Sprung aus der Lok :thumbsup: . In manchen Mitteilungen steht, er hätte Knochenbrüche, in anderen Berichten steht, er sei nur leicht verletzt. Hoffentlich stimmt Letzteres.


    Gruss

    Hermann

    Analog ist cool:)

  • Bitteschön, ich versuche auf die oben von dir erwähnten Punkte einzugehen.


    Lok digital oder analog:

    Nur weil eine Lok digital ist, ist sie nicht unsicherer im Gegenteil. Früher musste der Lokführer alles wissen, Fehler wurden oft nicht verzeiht bzw. zeichneten sich in grosse Sachschäden aus, eine moderne Lok überwacht den Lokführer und weist auf Fehler hin. Klar das Argument, früher konnte man etwas machen, ja früher hatte man auch mechanische Elemente wie Hüpfer, diese konnte man auseinanderschlagen, einen Stufenschalter manuell noch betätigen, wenn die Elektronik versagte, das wars dann aber auch schon. Einen Stufenschalter kennt man bereits seit den 70er Jahren nicht mehr und Hüpfer braucht es auch nicht mehr, logo kann man da weniger machen. Aber z.B. auf dein Beispiel bezüglich Re 420 und Maschinenraum, sobald der Hauptschalter eingeschaltet ist, darf sich niemand mehr im Maschinenraum befinden, da die tödliche Gefahr eines explodierenden Hochspannungsstufenwählers besteht. Übrigens Pneumatisch unterscheiden sich moderne Fahrzeuge nicht mal so sehr von älteren, die Abtrennhähne sind oftmals noch mechanisch, die Ventile zugänglich, sprich wenn verklemmt oder so, kann man noch darauf rumklopfen und diese so gängig machen. Klar die Ventile sind mittlerweile überwacht, aber nicht neu erfunden. Als Beispiel den Flirt der Serie 1 und 2, welche z.B. die Zuger S-Bahn hat, die Basler S-Bahn oder die SOB haben oft noch Facto Ventile, welche teilweise auf einer Re 420 ebenfalls verbaut sind und dies von Anfang an. Somit kann man auch Ersatzteile von älteren Loks nutzen.


    Zugkraft (auf + oder ++) eingeklemmt vs. moderne Lok:

    Ob jetzt bei einem Krokodil, einer Re 420 oder einer Vectron, ob nun der Stufenschalter, der Hüpfer etc. klemmt oder die Elektronik den Befehl nicht ausführt, für den Lokführer sind es dieselben Schritte. Schritt eins, Zugkraft auf null, bei den älteren Loks werden dann die Trennhüpfer aufgerissen, auch wenn Leistung vorhanden ist, die modernen Stromrichter haben ebenfalls eine Art Trenner drin. Nützt dies nichts, wird der Hauptschalter manuell per Schalter / Knopfdruck geöffnet, auch da funktioniert vom Prinzip her eine Vectron gleich wie eine Re 420 oder ein Krokodil.


    Ansteuerung der Bremse:

    Wenn der Hauptleitungs-Hahn zwischen Lok und Wagen geschlossen ist, kannst du von der Lok aus nichts machen, ausser auf die Plattform klettern und beide Hähne zu öffnen, versuchte man gemäss Bericht beim BLS-Unfall, da war es aber eine Rangierlok bzw. Bauzuglok. Klar könnte man all dies Überwachen, aber überleg mal es fahren Güterwagen in 1000-facher Form, unterschiedlicher Bauarten aus mehreren duzend Ländern / Firmen in Europa herum und alle sollten miteinander kompatibel sein. Würde man da eine elektrische Überwachung einbauen, dauert die Umsetzung 25-30 Jahre und die Störungsanfälligkeit würde zunehmen, sieht man ja nur schon mit der Umsetzung einer einheitlichen automatischen Kupplung im Güterverkehr, jedes Land hat seine Vorstellungen. Zumal es meiner Meinung nach genügend "Prüforgane" gibt welche genau einen solchen Fall verhindern.

    Bis ein Zug mit geschlossenen Bremshähnen abfährt geht einiges schief.

    - Der Zug wird nicht korrekt gekuppelt, da wäre die Reihenfolge klar geregelt mechanisch, pneumatisch, elektrisch, nach dem Verlassen der Kuppelstelle ist diese nochmals zu prüfen (Blick zurück).

    - Dann folgt eine Bremsprobe, je nach Situation an min. einem Wagen, der Wagen bremst bzw., löst je nach Situation nicht, wenn die HL nicht verbunden ist.

    - Die Plausibilitätsprüfung wird nicht durch den LF gemacht, je nach Situation und Erfahrung schwierig... daher ein kleiner Punkt.

    - Die Bremsprobe auf Wirkung wird vernachlässigt oder am falschen Ort gemacht.


    Fehler zu machen ist menschlich und ohne zu wissen was da passiert ist, passiert es im Vergleich auf die gefahrenen Zugfahrten selten, dass ein Zug nicht mehr bremsen kann. Eines muss man sich im System Bahn bewusst sein, der einzig sichere Zustand ist ein stillstehender Zug, welcher ans Gleis geschweisst ist. Gerade in der Schweiz sind wir sehr, sehr sicher unterwegs.


    Das oben angesprochene Loksteuerventil befindet sich meist im Maschinenraum, angesteuert wird es durch das Bremsventil im Führerstand, beim Krokodil oder der Re 420 durch mechanische Querschnittsveränderungen im Ventil, bei einer Re 446 (Re 4/4 IV) oder eben einer Vectron per elektrischen Signalen, welche das Loksteuerventil ansteuern. Weder bei einer älteren Lok noch bei einer Vectron hat der Lokführer im Maschinenraum die Möglichkeit während der Fahrt den Zug im Falle eines Defektes zu bremsen, auch hier gibt es im Führerstand mehrere Absicherungen.


    Funktioniert ein Bremsventil nicht, gibt es z.B. bei älteren Loks ein Notbremshahn, ähnlich wie früher in den alten Wagen, dieser ist in der Hauptleitung, öffnet man diesen wird die Hauptleitung entleert und der Zug bremst. Loks wie z.B. eine Re 4/4 II haben die sogenannte "Bohrung 20", dies ist die Schnellbremsstellung, ein grosser Querschnitt, die Hauptleitung wird direkt entleert. Klar ist diese Bohrung verstopft, was selten bis nie vorkommt, wäre es die Möglichkeit den Stromabnehmer zu senken, in den anderen Führerstand zu gehen und dort eine Schnellbremsung auszulösen. Dies funktioniert bei einem Vectron ebenfalls, wird das Bremsventil in die Schnellbremsstellung verbracht wird bei einigen modernen Loks ebenfalls ein grosser Querschnitt geöffnet und somit die Hauptleitung entleert. Funktioniert dies nicht könnte man auch da in den zweiten Führerstand. Moderne Loks haben da noch eine zusätzliche Sicherheit, falls die Elektronik versagt hat man einen Not Aus Schalter, welcher in der Regel in der Hauptleitung hängt und man die Hauptleitung mechanisch öffnen kann, so bringt man ein Fahrzeug selbst bei komplett Ausfall der Elektronik zum Stehen.


    Du siehst die modernen Loks sind mindestens so durchdacht und abgesichert wie die älteren Loks in Bezug auf die Sicherheit ;)


    Rekuperationsbremse vs. Bremswiederstände:

    - Leistungsfähige Bremswiederstände benötigen Platz, siehe Re 425, wo willst du da beim Vectron mit vier Stromabnehmern noch hin damit?

    - Bremswiederstände wurden dazu verwendet, um Talfahrten zu gewährleisten bei denen die Netzauslastung eher schlecht ist.

    - Was man jedoch beachten muss, gerade bei Normalspurbahnen ist es oft so, dass der Panto gehoben sein muss, der Hauptschalter eingeschaltet sein muss, um den Erregerstromkreis zu speisen, sprich bei einem Ausfall der Fahrleitungsspannung trotzdem die E-Bremse ausfällt ist übrigens auch bei der Re 425 so. Die Normalspur ist da ganz und gar nicht vergleichbar mit Bergbahnen, welche oftmals unter DC fahren.


    Auszug aus dem Reglement der Re 425 bezüglich der Verwendung der E-Bremse:


    Was bleibt zu sagen, ich hoffe es geht dem Lokführer schnell besser und denke der Rest wird die Sust klären und selbst wenn der Lokführer die Hauptschuld tragen würde... das kann jedem von uns passieren, dass man in seinem Beruf einen folgenschweren Fehler macht, da wir eben "nur" Menschen sind.

  • Mir tun sich diesbezüglich sehr viele Fragen auf... Bei 60 km/h sprang der Lf ab.. Die Simplonstrecke gilt als starkes Gefälle... wenn der Zug nicht bremsen konnte, wäre er viel schneller unterwegs gewesen... Zudem, wenn der Lokführer abspringt, ist die Sicherheitssteuerung (Totmann) nicht bedient, das "Brett" wird nicht gedrückt... Nach ca. 50m wird in dem Fall per Schnellbremse die Hauptleitung geleert, die Bremsen sprechen an. Das 15km lang ein Zug ohne Lokführer weiter fährt, ist eher aussergwöhnlich. Dann in Domodossola müsste der Zug ja eigentlich auf ein Hinderniss sprich Prellbock oder ähnlichem aufgefahren sein.... ist er auch nicht.. Bei einem Aufprall an einem Gleisabschluss wäre das Schadensausmass enorm, je nach Topografie... Weiter... der Zug ist stetig im Gefälle unterwegs gewesen, da müsste er enorm an Fahrt aufgenommen haben, was er offensichtlich nicht getan hat, wenn man den Videoclips glauben schenken mag... Im starken Gefälle ohne funktioniernde Bremse müsste der Zug um ein vielfaches beschleunigen... Also muss im Zug irgendwas an Bremsen funktioniert haben... Die Frage ist nun, wie viel hat funktioniert von den Bremsen. Die elektrische Bremse der Lok hätte diese Bremswirkung eher nocht unterstützt... Ich habe sehr viele Fragezeichen zu dem Hergang... Mich nimmt die Untersuchung der Sust ebenfalls wunder...

    Gruess usem MoBa Chäller
    Adrian
    _____________________________________


    Überzeugter Vollblut Eisenbahner 8)

    Gleissystem: 2- Leiter DC H0, Digitalsystem: ESU; Steuerung: Traincontroller Gold 9.0
    Yutubekanal: https://www.youtube.com/channel/UCvTbJmzqmOMXvOYyPuFLBnQ

    Instagram: moba_hausberg

  • Der Zug müsste doch auch diverse Rotlichter überfahren haben. Bei jedem müsste eine Schnellbremsung ausgelöst worden sein. Die Rollreibung eines Stahlrades ist ja sehr klein. Dass der Zug in Domodossola einfach so ausrollen konnte, erstaunt mich auch. Sollte das einem Gegengefälle geschuldet sein, kommt die nächste Frage: warum rollt er nicht zurück an die tiefste Stelle im Längenprofil. Der Bericht der Sust dürfte wirklich interessant werden.

    Gruss Oski

    signatur_egos.jpg

    ...auch Nichtraucher können süchtig sein nach Zündhölzern!

  • Mir tun sich diesbezüglich sehr viele Fragen auf... Bei 60 km/h sprang der Lf ab.. Die Simplonstrecke gilt als starkes Gefälle... wenn der Zug nicht bremsen konnte, wäre er viel schneller unterwegs gewesen...

    Ja, an sowas dachte ich auch.

    Mir kam da ein Vergleich von 1941 in den Sinn, vom "entlaufenen" Krokodil SBB Ce 6/8 III 14304 was aber ggf. ähnlich aber nicht ganz korrekt ist, schwere Stangenlok und moderne Vectron ist kaum zu Vergleichen. Die Stangenlok Be 6/8 III wiegt ca. 131 Tonnen, hatte sich aber von seinem Zug losgerissen(!) und erreichte kurz vor der letzten Kurve je nach Quellenangabe 124 - 127 km/h Statt 35-50 km/h. Zu blöd, dass dieses Krokodil beinahe die ganze Gotthard Südrampe meisterte und dann in der letzten 300 Meter Radius-Kurve doch noch entgleiste und umkippte. Der Lokführer soll trotz diesen wirkenden Kräften, annähernd unverletzt mit einem Schrecken davon gekommen sein.


    Bei Preglia, da wo der Lokführer aus seiner Lok sprang, hatte der Zug die steilsten Passagen bereits hinter sich(!), z.B. der Simplon Kehrtunnel liegt viel weiter oben bei Bertonio. Preglia ist nicht mehr so weit von Domodossola entfernt.


    Auch noch Wunder nähme mich, es heisst in verschiedenen Berichten (aber jedes mal etwas differiert!) der Zug sei durch die FS durch Bremseinrichtungen gebremst worden. Was mag das heissen? Ein Prellbock soll es nicht gewesen sein. Auf der Strecke sind Bremsmassnahmen seite Gleis "fürchterlich" und die letzten Massnahmen. Sicherheitsweichen welche falsch gestellt werden können, was unweigerlich zu einer Entgleisung führt. Oder es werden Hindernisse aufgestellt, was zwar den Zug stoppt, aber lokal zu einer Katastrophe / Unfall führt.


    Manche Rangierbahnhöfe haben Bremssysteme für einzelne Wagen abzubremsen, unweit vom Ablaufberg. Diese Anlagen im untersten Geschwindigkeitsbereich, werden kaum geeignet sein, einen ganzen Zug inkl. Lok bei doch immerhin 60 km/h abzubremsen.

    Womöglich ist der Geisterzug einfach bei geeigneten Bhf-Gleisen von selber ausgerollt. Dann stellt sich die Frage, wieso ist der Lokführer heraus gesprungen, was seine Chancen auf Unversehrtheit in der Situation deutlich verringert.


    Alles in allem eine merkwürdige kuriose Situation. Vielleicht bringt der offizielle Bericht mehr Licht ins Dunkel?


    "Nur" weil etwas komisch tönt, dass muss nichts heissen. Wer klettert schon mit Halbschuhen einen Felsbereich direkt beim Wasserfall hoch, mit Halbschuhen, nur weil ich zu faul war, die bereits für die Fahrt nach Basel versorgten Bergschuhe anzuziehen. Ich wollte ja zuerst gar nicht den Wasserfall hinauf, sondern nur ein bsichen 2 Meter über das Auto hinaus fotografieren. Dann noch ein bischen und noch ein bischen und plötzlich ist man mitten im Fels. Stürzt ab, aber nicht den Fall hinunter, sondern auf ein Adlernest. Bleibt die Nacht über dort und wird anderen Tages von der Air Glacier gerettet. Nur weil etwas komisch tönt, kann es trotzdem wahr sein.


    Hoffentlich ist es bei Eisenbahnen wie bei Flugzeugen, dass jeder Unfall und jeder Beinaheunfall im Grundsatz das Fliegen bez. Bahnfahren noch etwas sicherer macht.


    Gruss

    Hermann

    Analog ist cool:)

    Einmal editiert, zuletzt von Longimanus ()

  • Eisenbahner


    Gemäss Medien war es 60 km/h, in einem Interview sprach der Lokführer von 108 km/h. Meine Vermutung ist ebenfalls, dass der Zug zwar gebremst hat, aber eben nicht komplett. Auch da gibt es verschiedene Varianten, z.B. wie oben von mir erwähnt, dass nur die Lok pneumatisch gebremst hat, die vier Doppeltragwagen jedoch nicht. Oder z.B. das beim Zug nicht alle Bremsen eingeschalten waren und dadurch eine tiefere Bremsreihe als angenommen vorhanden war. Um diesen Fehler während der Fahr festzustellen, benötigt es die Erfahrung des Lokführers, wobei ich aus Erfahrung sagen kann, dies ist nicht immer einfach festzustellen passt nun mein Gefühl, wirkt der Zug so wie ich es annehme. Auch da gibt es wiederum Prozedere, wie der LF sich zu verhalten hat, wenn er unsicher ist über die Bremswirkung des Zuges.


    Das Totmannpedal (Sicherheitssteuerung) hat in einem solchen Fall in der Regel keinen Einfluss mehr. In dem Moment, in dem der Lokführer feststellt, dass die Bremswirkung nicht genügend ist, z.B. Ausfall E-Bremse oder je nach Zugsgewicht, wenn die E-Bremse nicht reicht für die Beharrung, löst er irgendwann eine Schnellbremsung aus, funktioniert dies nicht da z.B. die Elektronik versagt, kann wie weiter oben erwähnt ein NotAus gedrückt werden, bei modernen Fahrzeugen oft in zweifacher Ausführung vorhanden, zum einen elektrisch zum anderen pneumatisch. Der pneumatische Druckknopf ist wie weiter oben erwähnt die letzte Möglichkeit die Hauptleitung zu öffnen, wenn die Elektronik versagt. Ist die Hauptleitung einmal leer, kann die Sicherheitssteuerung zwar ansprechen aber nützt nichts mehr, denn mehr als die Hauptleitung zu leeren geht nicht mehr. Ich gehe stark davon aus, dass ein LF der sich entscheidet sein Zug zu verlassen, alles erdenklich Mögliche gemacht hat und somit auch die Schnellbremsung eingeleitet hat. Wie erwähnt, eine Schnellbremsung kann fast immer ausgelöst werden, da braucht es dann schon viel, bis dies nicht mehr geht.


    Erfahrungsgemäss hätte ich jetzt aus dem Bauch heraus gesagt, die E-Bremse hätte dieses Gewicht in der Beharrung halten können, was aber nun, wenn genau diese ausfällt. So spannend die vielen Varianten und Möglichkeiten sind, so froh bin ich, dass so etwas sehr selten passiert. Auf den Bericht bin ich daher auch gespannt, vor allem aus dem technischen Aspekt heraus.


    egos

    Gemäss Medienberichten wurden die Fahrdienstleiter durch den LF informiert und haben einen geeigneten Fahrweg eingestellt und den Weg "frei" gemacht, somit sind auch keine roten Signale zu erwarten. Wie von mir weiter oben erwähnt, kann ich mir kaum vorstellen, dass es daran gelegen hat, dass die Lok die Hauptleitung nicht entleeren konnte, wenn die HL-Hähne zwischen der Lok und den Wagen oder z.B. zwischen 1 und 2 Wagen geschlossen sind, oder nicht alle Bremsen eingeschaltet waren bei den Wagen, oder z.B. ein verstopfter Schlauch vorhanden gewesen ist, dann nützt auch eine Schnellbremsung ausgelöst durch ein rotes Signal nichts mehr. Klar möglich ist alles aber aus der Erfahrung heraus kann ich mir nicht vorstellen, dass der Lokführer seine Hauptleitung auf keine der beschriebenen Arten entleeren konnte. Wie beim Beitrag von Hermann erwähnt, geht es mir nicht um die Fehlersuche oder mögliche Ursache sondern nur um den technischen Aspekt um aufzuzeigen wie denn ein Schienenfahrzeug in einem solchen Fall funktioniert. Der Rest wird der Sust Bericht zeigen.


    Die Rollreibung eines Stahlrades ist in der Tat eher klein, nicht vergessen darfst du jedoch die Rollenlager, welche ebenfalls noch einen gewissen Widerstand aufweisen, der Luftwiderstand des Zuges sowie die Motoren der Loks. Eine moderne Lok mit Asynchrondrehstrommotoren kannst du von Hand weiterschieben, wenn jemand die Lok z.B. mittels Beiseisen in Bewegung setzt. Eine Ältere Lok z.B. Re 420 kannst du kaum schieben, auch wenn jemand ständig mit einem Beiseisen nachhilft. Hatte da mal das Vergnügen eine in einem ebenen Gleis 30m zu verschieben mit Muskelkraft von vier Personen plus einer mit dem Beiseisen. Die Motoren haben einen grossen Rollwiederstand unteranderem durch die Fahrmotorenkohlen, welche auf den Kollektor drücken.

  • Auch noch Wunder nähme mich, es heisst in verschiedenen Berichten (aber jedes mal etwas differiert!) der Zug sei durch die FS durch Bremseinrichtungen gebremst worden. Was mag das heissen? Ein Prellbock soll es nicht gewesen sein. Auf der Strecke sind Bremsmassnahmen seite Gleis "fürchterlich" und die letzten Massnahmen. Sicherheitsweichen welche falsch gestellt werden können, was unweigerlich zu einer Entgleisung führt. Oder es werden Hindernisse aufgestellt, was zwar den Zug stoppt, aber lokal zu einer Katastrophe / Unfall führt.


    Manche Rangierbahnhöfe haben Bremssysteme für einzelne Wagen abzubremsen, unweit vom Ablaufberg. Diese Anlagen im untersten Geschwindigkeitsbereich, werden kaum geeignet sein, einen ganzen Zug inkl. Lok bei doch immerhin 60 km/h abzubremsen.

    Womöglich ist der Geisterzug einfach bei geeigneten Bhf-Gleisen von selber ausgerollt. Dann stellt sich die Frage, wieso ist der Lokführer heraus gesprungen, was seine Chancen auf Unversehrtheit in der Situation deutlich verringert.

    Dies ist etwas, was mich ebenfalls wundernimmt, ob eine Gleisbremse verbaut war und ob diese Wirkung gezeigt hat, in Güterbahnhöfen bzw. Rangierbahnhöfen gibt es durchaus solche, in der Regel nach dem Ablaufberg.


    Der Zug war gemäss dem LF selbst mit mehr als 60 km/h unterwegs, inwiefern dies zutrifft wird sich zeigen. Weshalb ein Lokführer abspringt, ganz einfach, wenn man die Wahl hat zwischen ich springe auf eine Wiese ab und verletze mich oder ich schaue mal ob der Zug mit 100 km/h über eine 60er Weiche kommt, oder wie ein Aufprall mit 60 km/h in einen Prellbock aussieht... du darfst nicht vergessen, dies sind Bruchteile einer Sekunde in der man entscheiden muss. Sobald man in einem Bahnhof ist, kann man es nahezu vergessen mit abzuspringen. Wie weiter oben erwähnt, wer früher aus den Zügen jeweils bei 5-10 km/h abgesprungen ist weiss, wie sich das anfühlt und möchte gar nicht wissen wie das bei höheren Geschwindigkeiten ist. Ich denke als LF in einer solchen Situation sieht man mehr oder weniger den Tod vor Augen und handelt dann. Dass es so glimpflich ausgeht, hätten wohl die wenigsten gedacht. Aus eigener Erfahrung kann ich dir sagen, es ist ein "scheiss Gefühl" wenn man plötzlich merkt, dass der Zug nicht bremst. Mein Glück, es war ein defektes Ventil, welches nicht angesteuert wurde. Mittels einer Schnellbremsung bremste der Zug aber dennoch ein "scheiss Gefühl".

  • Hallo Michel,

    mir kommt noch eine andere "Bremsung" in den Sinn, einfach als völlige Mutmassung / Raten:


    Die Strecke soll frei gewesen sein, nicht ewig bis Milano, aber dies dürfte in dem Fall auch nicht erforderlich gewesen sein.


    Angenommen die 60 km/h vom Problemzug. die stimmen und ebenso die 15 km Distanz. Also viel Zeit zum Nachdenken und ausruhen bleibt nicht aber es müsste doch ein Versuch wert sein?!?

    So klein ist jetzt Domdossola nicht. Da müsste es doch möglich sein, - zeitnahe - 2 erfahrene Lokführer welche einen anderen Zug oder Züge führen sollten, kurzfristig umdisponieren. Je nach dem wie schnell eine Doppeltraktion Vectron + erfahrene Lokführer aufgetrieben werden können, je nach verbleibender Restzeit entweder kurz entgegen fahren, oder aber mit doch immerhin mit 168 - 180 Tonnen Lok-Masse (Doppeltraktion) - möglichst auf dem richtigen Gleis - wenn der entlaufene Zug 60 km/h fährt, mit 59 km/h dem Problemzug vorausfahren und abfangen und dann umgehend, aber nicht all zu abrupt abbremsen? (Falls dies der Zug nicht mangels weiteres Gefälle sowieso von selber tut)


    Gruss

    Hermann

    Analog ist cool:)

  • Warten wir den Bericht der Sust ab,der hoffentlich auch in Deutsch erscheint.

    Diese Berichte bringen manchmal interessante Aspekte an den Tag.


    Solche Berichte sollte es auch in Brandfällen geben.

    Liest man doch immer von Bränden ( die manchmal auch andere Leute tangieren,wie die Nachbarn), aber über die Ursache wird meist nachher nicht mehr berichtet.

    Vielleicht würden manche etwas vorsichtiger und es hätte weniger Personen, die zu Schaden kommen.

  • Dies ist etwas, was mich ebenfalls wundernimmt, ob eine Gleisbremse verbaut war und ob diese Wirkung gezeigt hat, in Güterbahnhöfen bzw. Rangierbahnhöfen gibt es durchaus solche, in der Regel nach dem Ablaufberg.


    Der Zug war gemäss dem LF selbst mit mehr als 60 km/h unterwegs, inwiefern dies zutrifft wird sich zeigen. Weshalb ein Lokführer abspringt, ganz einfach, wenn man die Wahl hat zwischen ich springe auf eine Wiese ab und verletze mich oder ich schaue mal ob der Zug mit 100 km/h über eine 60er Weiche kommt, oder wie ein Aufprall mit 60 km/h in einen Prellbock aussieht... du darfst nicht vergessen, dies sind Bruchteile einer Sekunde in der man entscheiden muss. Sobald man in einem Bahnhof ist, kann man es nahezu vergessen mit abzuspringen. Wie weiter oben erwähnt, wer früher aus den Zügen jeweils bei 5-10 km/h abgesprungen ist weiss, wie sich das anfühlt und möchte gar nicht wissen wie das bei höheren Geschwindigkeiten ist. Ich denke als LF in einer solchen Situation sieht man mehr oder weniger den Tod vor Augen und handelt dann. Dass es so glimpflich ausgeht, hätten wohl die wenigsten gedacht. Aus eigener Erfahrung kann ich dir sagen, es ist ein "scheiss Gefühl" wenn man plötzlich merkt, dass der Zug nicht bremst. Mein Glück, es war ein defektes Ventil, welches nicht angesteuert wurde. Mittels einer Schnellbremsung bremste der Zug aber dennoch ein "scheiss Gefühl".

    Darum die zwei Systeme, das Bremssystem, welches über die Steuerventile gesteuert wird, andererseits das Notbremsventil, welches die Hautpleitung direkt entleert... Ich gehe mit Dir überein, es springt kein Lf einfach ab einem fahrenden Zug... Zudem hat der Zug sicher schon Halte zwischen Basel und Brig gemacht.. Erfahrungsgemäss haben die Züge nicht grüne Welle von Basel nach Brig... und in Brig wird er sicher durch die Durchfahrtsgleise geleitet, die werden mit 40km/h befahren... Bremsung zwingend... Dass es zu einem solchen Ereignis kommt, müsste ein Teil der Hauptleitung, welche von der Lok mit allen Wagen verbunden ist, irgendwie verschlossen werden... Sprich, es bremst auf einmal nicht mehr der ganze Zug... Ebenso schliesse ich eine Fehlinterpretation des Lf der Meldesystemen nicht gänzlich aus.. Möglich ist auch eine falsche Eingabe der Zugdaten (Reihe R statt A oder D,) welche auf der Lok als berechnungsgrundlage zur Übeprüfung der Ansprech- und Lösezeiten dienen können.... wie gesagt... alles Spekulationenn, die SUST ist dran... Da das Ereignis aber wirklich merkwürig ist, regt es automatisch zu spekulationen an...

    Gruess usem MoBa Chäller
    Adrian
    _____________________________________


    Überzeugter Vollblut Eisenbahner 8)

    Gleissystem: 2- Leiter DC H0, Digitalsystem: ESU; Steuerung: Traincontroller Gold 9.0
    Yutubekanal: https://www.youtube.com/channel/UCvTbJmzqmOMXvOYyPuFLBnQ

    Instagram: moba_hausberg