Guten Tag zusammen!
Gerne zeige ich euch ein paar eisenbahntechnische Aufnahmen aus dem Berner Seeland. Dort gibt es nämlich hinsichtlich der Bahninfrastruktur schweizweit etwas Einzigartiges.
Der Rangierbahnhof Biel ist nach wie vor örtlich bedient durch mehrere Fahrdienstleiter von SBB Infrastruktur. Schon dies ist unterdessen eine Besonderheit in der Schweiz. In den letzten Jahren wurden schon nur in der Betriebsführungsregion Mitte (Mittelland, Nordwestschweiz, Zentralschweiz - mit den Bahnknoten Bern, Olten, Aarau, Brugg, Basel, Luzern und Rotkreuz) etliche Bahnhöfe automatisiert und in die Betriebszentrale Olten integriert. Seit meiner Beginn der Lehre bei der SBB in Olten (im 2012) wurden praktisch alle Betriebspunkte in der Region Mitte automatisiert - unterdessen ist nur noch der Rangierbahnhof Muttenz bei Basel und der Güterbahnhof Olten vor Ort bedient. In meinem ersten Lehrjahr war noch die Linie Wangen bei Olten - Oensingen - Luterbach, die Bahnhöfe Langenthal, Safenwil, Basel GB, Bern Weyermannshaus GB und Rotkreuz in der Region Mitte örtlich bedient. Auch in der Region Ost und Süd ist der Automatisierungsgrad relativ hoch. In der Region Ost ist nur der Bahnhof Schaffhausen noch örtlich bedient und (da bin ich mir nicht ganz sicher) Zweidlen. In der Region Süd ist es noch Erstfeld, Göschenen, Airolo (bis Ambri Piotta), Lavorgo, Bodio und Chiasso Smistiamento.
In der Region West sieht es noch anders aus, da sind ortsbediente Stellwerke noch öfters zu sehen: Die Linien Galmiz-Murten-Payerne-Estavayer-le-Lac, Glovelier-Porrentruy-Boncourt, Vallorbe - Arnex, Palézieux-Payerne, Lausanne PB und Lausanne Triage und eben der Bieler Rangierbahnhof. Die Stellwerke sind natürlich nicht mehr 7/24 betrieblich besetzt, viele Stellwerke sind nur durchgeschaltet und müssen nur bei Störungen, Bauarbeiten oder Rangierfahrten ortsbedient werden.
Die Spezialität am Bieler Rangierbahnhof ist das mechanische Stellwerk. Kein weiteres Stellwerk, das von einer Schweizer Infrastrukturbetreiberin gehalten wird, hat mechanische Signale (ausgenommen die DVZO-Linie Hinwil-Bauma und die Strecke Erzingen-Schaffhausen, die von der DB betrieben wird).
Lange hatte das Stellwerk Zurzach noch mechanische Signale ("Semaphore"), nun wurde dieses Stellwerk durch ein fernbetriebenes Domino 67-Relaisstellwerk ersetzt (bedient durch die BZ Ost am Zürcher Flughafen).
Nun zum Fotobericht:
Hier die mechanischen Rangiersignale in der blau-weissen Lackierung. In der "Kreuzstellung" ist das Rangieren nicht erlauben, in der vertikalen Stellung (im Hintergrund) ist es erlaubt.
Hier ein Foto des Gruppensignales (siehe Signalbezeichnungstafel), dem klassischen "Semaphor". Dahinter sieht man schon den Aushub für den Umbau der Bahninfrastruktur im Rangierbahnhof. Der Rechnerraum für das neue, elektronische Stellwerk des Typ Thales Elektra 2 steht bereits. Die Inbetriebnahme für dieses fernbetriebene Stellwerk ist auf nächstes Jahr angesetzt. Im November dieses Jahres soll der Personenbahnhof Lausanne sein neues, elektronisches Stellwerk von Siemens erhalten - ein Simis W. Somit ist die Betriebsaufsicht in Lausanne, welche die Züge dem Stellwerk bereit meldet, dann auch passé.
Hier eine Detailansicht der mechanischen Drahtseilzüge für die Ansteuerung der Infrastrukturelemente vom Stellwerk aus. Ein guter Kontrast ist die moderne SBB Cargo-Diesellok Am 843.
Hier das Dienstgebäude von SBB Cargo für das Lok -und Rangierpersonal. Daneben das Stellwerk 2 des Fahrdienstleiters Biel RB. Die kleineren Stellwerke (1 und 3) werden von sogenannten "Stellwerkangestellten" (SA) besetzt, die nur Rangierfahrstrassen einstellen dürfen. Die Zugfahrstrassen werden dann vom Fahrdienstleiter freigegeben. Die Kommunikation zu den Nachbarbahnhöfen erfolgt ebenfalls nur über den Fahrdienstleiter im Stellwerk 2. Der Rangierbahnhof Biel ist teilweise bei Störungen eine sehr wichtige Umleitungsstrecke, die aber aufgrund der "Historischen Bahninfrastruktur" örtlich Kenntnisse der Lokführer benötigt, um diesen Betriebspunkt befahren zu dürfen. Als im Hitzesommer 2019 das Relaisstellwerk Domino 67 von Hindelbank "den Geist aufgab", war die Zufahrt auf die Neubaustrecke Bern-Olten sowie die Stammlinie Bern-Burgdorf-Olten unterbrochen. Somit mussten alle Züge nach Osten übers Seeland umgeleitet werden. Ist der Lokführer kundig und das Fahrzeug zugelassen für die Fahrt via Biel RB, kann von Bern via Lyss-Biel-RB in Richtung Solothurn-Olten gefahren werden. Ist dies nicht der Fall, muss in der Dienststation Madretsch vor Biel gerade aus gefahren werden, um dann im Bieler Personenbahnhof eine Spitzkehre zu machen.
Ebenfalls einen hohen Stellenwert hat der Bieler Rangierbahnhof für den Unterhalt sämtlicher thermischen Triebfahrzeuge der SBB. Auch externe Firmen wie etwa Scheuchzer Gleisbau lassen ihre Fahrzeuge dort unterhalten. Hier der werkseigene Dieseltraktor am Rangieren von zwei Bahndienst-Dieseltraktoren Tm 234 von SBB Infrastruktur.
Die von weitem her gut erkennbare Signalbrücke (aufgrund dem starken Rostbefall!). Gleich daneben befindet sich das Klubhaus des Bieler Modellbahnvereins - die Anlage in den Spurweiten 0 und H0 sind einen Besuch wert. Leicht oberhalb des Gleisfeldes des RB verläuft die "Stammstrecke" in Richtung Biel Mett-Pieterlen-Solothurn.
Das Stellwerk 3 mit dem rückgebauten Ablaufberg links im Hintergrund.
Dann noch ein paar Fotos vom eindrücklichen wie zugleich auch traurigen Stillstandlager der SBB mit ihren Dieselfahrzeugen. Die SBB Bm 4/4 erhielten zuletzt nur noch Klebziffern für die Anschrift bei SBB Infrastruktur. Die in den Grenz-Rangierbahnhöfen eingesetzten Rangierfahrzeuge gehören SBB Infrastruktur. Deshalb rangieren in Muttenz auch rote SBB Am 843. Die "Binnen-Rangierbahnhöfe" wie Lausanne Triage und Rangierbahnhof Limmattal gehören der Betriebsführung von SBB Cargo an - Buchs (SG), Muttenz und Chiasso SBB Infrastruktur.
Ein nicht ganz alltäglicher Tunnelbelüftungswagen steht auch in diesem Stillstandlager.
Altbekannte Rangierloks wie die SBB Bm 6/6 und die SBB Em 3/3 stehen da. Die SBB Bm 6/6, die damals zu Schorno gelangten (teilweise Rangiereinsätze in Rekingen), wurden gemäss Eisenbahnzeitschriften unterdessen verschrottet. Die SBB Em 3/3 sieht man ab und zu noch im planmässigen Einsatz (Rangierbahnhof Buchs SG sowie im SBB Industriewerk Olten).
Zu meinem grossen Erstaunen fand ich auch zahlreiche Kompositionen von SBB Lösch -und Rettungszügen (LRZ) vor.
Diese sind vom Typ LRZ 96 (gezogen von einer Am 843). Erstfeld und Airolo hatte sogar noch einen LRZ mit einer SBB Bm 4/4.
Dies war wohl ein modifizierter LRZ 76 (Erstausführung). Im Bieler RB sind die LRZ von Airolo, Genf und St. Gallen abgestellt. Gemäss der SBB Verkaufsplattform für Occasion-Schienenfahrzeuge stehen gewisse LRZ zum Verkauf. Bei einer Autofahrt durch den "Zigerschlitz" (Glarnerland) erkannte ich nur knapp in einem Stumpengleis in Schwanden (GL) Wagen, die zu einem SBB LRZ gehört haben. Weiss da jemand was Genaueres?
Und noch ein Foto einer eindrücklichen Rangiermaschine zum Schluss: Eine nicht mehr alltäglich zu sehende SBB Ee 6/6 aus dem nahezu vollständig elektrifizierten Rangierbahnhof Lausanne Triage.
Viel Spass beim Lesen und Anschauen!